„Wir wollen gemeinsam die unterschiedlichen Problemstellungen bei der Bekämpfung von Cybercrime erörtern und Bekämpfungsansätze vorstellen.“ Das sagte Innenminister Reinhold Gall in Stuttgart bei der Eröffnung des Internationalen Symposiums Cybercrime.
Nur wenn alle gemeinsam einen Schwerpunkt in der Bekämpfung von Cybercrime und dem Schutz ihrer IT-Systeme setzten, könnte diesen Phänomenen nachhaltig begegnet werden. Gall: „Mit Netzwerken und Allianzen von Polizei, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft wollen wir mehr Sicherheit in die digitale Welt bringen und Europa und den Donauraum weiter stärken.“
Globale Gefahren für die Sicherheit
Die Globalisierung der Wirtschaftswelt und neue Informationstechnologien führten neben innovativen Möglichkeiten auch zu globalen Gefahren für die Sicherheit und zu neuen Kriminalitätsformen. Internationaler Terrorismus und Extremismus, Wirtschaftskriminalität, Markenpiraterie, Spionage, digitale Erpressungen oder Cyberangriffe bis hin zum Zusammenbruch digitaler Infrastrukturen - in all diesen Feldern spiele die moderne Informationstechnologie eine entscheidende Rolle und entwickele ernste Gefahren für die Funktionsfähigkeit staatlicher Organe und von Wirtschaftsunternehmen.
Erst vor Kurzem habe ein spektakulärer Fall vor Augen geführt, wie der Bankraub des 21. Jahrhunderts funktioniere: Innerhalb weniger Stunden hätten mehrere Internetbetrüger einer „New Yorker Zelle“ weltweit rund 45 Millionen Dollar an Bankautomaten abgehoben - ganz ohne Waffen und Sprengstoff. Der international agierenden Tätergruppierung sei es gelungen, über kompromittierte Server in das Sicherheitssystem einer Bank einzudringen und sich die Kreditkartendaten zu verschaffen. „Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, vor welchen enormen Herausforderungen Sicherheitsbehörden und Unternehmen bei dieser Form der Kriminalität stehen“, sagte der Innenminister.
Global denken und neue Wege beschreiten
Neben technischem Know-How komme es ganz entscheidend auf einen schnellen, direkten und unbürokratischen grenzüberschreitenden Informationsaustausch an, um die Täter ermitteln und festnehmen zu können. Neben der Strafverfolgung sei es aber ebenso wichtig, in den Schutz der IT-Systeme vor Cyberangriffen und Spionage zu investieren. Aus dem „Cyber Security Report 2012“, einer vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag von T-Systems durchgeführten repräsentativen Umfrage, gehe hervor, dass vielfach die Angst vor Wirtschafts- und Industriespionage vorhanden sei. Mehr als die Hälfte der Unternehmer (54 Prozent) fühlten sich nicht ausreichend von der Politik unterstützt und forderten eine konsequentere Strafverfolgung (39 Prozent). Doch auch bei den Internetnutzern sei das Sicherheitsbedürfnis hoch. Laut einer BITKOM Umfrage fühlten sich drei Viertel der Nutzer im Internet bedroht. Die Folgen seien auch für die Wirtschaft nicht unerheblich: Sieben von zehn Nutzern schränkten Transaktionen im Netz bewusst ein. Das bremse die Verbreitung innovativer Online-Dienste und Entwicklungen im Netz. IT-Sicherheit, aber auch das Sicherheitsgefühl des Einzelnen, seien in vielerlei Hinsicht erfolgskritische Faktoren für die Wirtschaft. „Um diese Herausforderungen zu meistern, müssen wir global denken und neue Wege beschreiten“, betonte Gall.
Grenzüberschreitende Strategien erforderlich
Die Strafverfolgung und der Schutz von IT-Systemen dürfe nicht an nationalen Grenzen aufhören. Grenzüberschreitende Strategien und ein enges Zusammenwirken der verschiedenen Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und den Sicherheitsbehörden seien erforderlich. Wesentlich sei dabei eine schrittweise Angleichung der unterschiedlichen Rechtsnormen innerhalb Europas. Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens über Computerkriminalität des Europarates bereits im Jahr 2001 sei man einen entscheidenden Schritt voran gekommen. Neben der Harmonisierung der Straftatbestände hätten sich die unterzeichnenden Staaten aber unter anderem auch dazu verpflichtet, nationale Kontaktstellen einzurichten und sich bei der Bekämpfung von Cybercrime gegenseitig zu unterstützen.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein sei mit der Einrichtung des „European Cybercrime Centre“ bei Europol zu Beginn des Jahres erreicht worden. Dieses Kompetenzzentrum leiste bei der Zusammenführung und Analyse der Erkenntnisse und Koordination von grenzüberschreitenden Ermittlungen wertvolle Unterstützung. So verfügten beispielsweise Österreich, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Deutschland über nationale Kompetenzzentren zur Koordinierung und effektiven Bekämpfung von Cybercrime.
Trotz der Fortschritte, die bereits gemacht worden seien, dürfe man in den Bemühungen nicht nachlassen. Die konkrete praktische internationale Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden müsse schneller, direkter und effizienter ausgestaltet werden, damit man im realen Leben mit der Geschwindigkeit im virtuellen Raum mithalten könne. „Wir möchten daher das heutige Symposium als einen ersten Schritt zum Aufbau eines Netzwerkes der mit der Bekämpfung von Cybercrime befassten Behörden in der Donauregion nutzen“, sagte Innenminister Gall.