„Im letzten Jahr ist die Zahl der Drogentoten um fast 40 Prozent angestiegen. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, der wir eine konsequente Strafverfolgung, gezielte Aufklärung und gemeinsame Suchtprävention mit den beteiligten Behörden entgegensetzen. Meine große Sorge ist freilich, dass wir uns in den kommenden Jahren auf eine weiter hohe Zahl an Drogentoten einstellen müssen. Die Legalisierung von Cannabis ist nicht nur ein Konjunkturpaket für die Organisierte Kriminalität, sie sendet auch ein falsches Signal – gerade an junge Menschen – und erweckt den Eindruck, dass dieser Drogenkonsum unschädlich und völlig okay sei. Ich kann nur alle vor Cannabis als Einstiegsdroge warnen“, sagte der Stv. Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl in Stuttgart anlässlich der Veröffentlichung der Bilanz der Drogentoten im Jahr 2024.
Unter den Drogentoten des Jahres 2024 sind 171 (2023: 121) Männer und 24 (20) Frauen. Elf Verstorbene sind Heranwachsende, zwei Personen zählen zur Altersgruppe der Jugendlichen. 31 (21) Personen haben eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. Das Durchschnittsalter liegt mit 37,2 (37,4) Jahren auf dem Vorjahresniveau.
Regionale Verteilung
Die meisten Personen, die an den Folgen ihres Drogenkonsums verstarben, sind in der Landeshauptstadt Stuttgart mit 20 (21) sowie dem Rhein-Neckar-Kreis mit 15 (sechs) zu verzeichnen. Der Rems-Murr-Kreis (sechs), der Stadtkreis Mannheim und die Kreise Breisgau-Hochschwarzwald, Göppingen (jeweils fünf) und Reutlingen (vier) verzeichnen jeweils neun Todesfälle. Keine Todesfälle im Zusammenhang mit Rauschgift hat die Polizei in den Stadtkreisen Pforzheim, Heidelberg und Baden-Baden, dem Main-Tauber-Kreis, dem Neckar-Odenwald-Kreis sowie in den Kreisen Freudenstadt, Biberach und Heidenheim registriert.
Häufigste Todesursachen
Der Konsum von Substitutionsmitteln bleibt weiterhin die häufigste Ursache für tödlichen Drogenkonsum, sofern nur eine Substanz konsumiert wurde. Auf dem negativen Spitzenplatz stehen neben Substitutionsmitteln außerdem Heroin, Amphetamin und Fentanyl. In jeweils fünf Fällen war eine Überdosis Substitutionsmittel (sieben), Heroin (sechs), Amphetamin oder Fentanyl (beide drei) todesursächlich. Die Sterbefälle im Zusammenhang mit Distickstoffmonoxid - umgangssprachlich Lachgas - gingen auf zwei (fünf) zurück.
Eine besonders gefährliche und unkalkulierbare Wirkung entsteht, wenn verschiedene Betäubungsmittel oder Ersatz- bzw. Ausweichstoffe zusammen mit anderen Drogen, Medikamenten oder Alkohol konsumiert werden – der sogenannte Mischkonsum. So führte in insgesamt 126 (77) Fällen Mischkonsum zum Tode. In 50 (29) Fällen war der Mischkonsum von Benzodiazepinen todesursächlich. Der Mischkonsum von Substitutionsmitteln kostete 40 (24) Personen das Leben, gefolgt vom Mischkonsum von Kokain in 36 (26) Fällen.
Auffallend ist die starke Zunahme von Rauschgifttodesfällen im Zusammenhang mit Neuen psychoaktiven Stoffen, insbesondere synthetischen Opioiden. Diese im Labor synthetisierten Substanzen sind den verbotenen psychoaktiven Stoffen nachempfunden. Sie ähneln in ihrer Struktur und Wirkung klassischen Drogen und Medikamenten. Durch eine Überdosis oder den Mischkonsum mit Neuen psychoaktiven Stoffen starben 26 (zwei) Menschen.
„Neue psychoaktive Stoffe fallen aufgrund ihrer chemischen Strukturveränderung bislang nicht unter gesetzliche Verbote und sind im Internet frei zugänglich. Das hat fatale Folgen – in diesem Jahr sind 26 Menschen an einer Überdosis gestorben. Die kaum erforschte Wirkweise und der Mischkonsum bergen ein unkalkulierbares Gesundheitsrisiko“, erklärte Innenminister Thomas Strobl. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg warnte unlängst vor dem Vertrieb der vermeintlich harmlosen Substanzen im Internet.
Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität
Ein besonders erfolgreicher Schlag gegen die organisierte Rauschgiftkriminalität gelang den Ermittlerinnen und Ermittlern in der sogenannten „Operation Plexus“. Die gemeinsamen Ermittlungsgruppen Rauschgift Stuttgart und Karlsruhe des Landeskriminalamts und des Zollfahndungsamts Stuttgart haben hierbei insgesamt 35,5 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Das ist die bislang größte Sicherstellungsmenge von Kokain in Deutschland. Hintergrund der Ermittlungen waren, dass mehrere Personen über einen längeren Zeitraum mittels Scheinfirmen den Schiffstransport von Kokain aus Lateinamerika nach Europa organisiert haben sollen. Aufgrund eines Hinweises aus Kolumbien sowie unter Beteiligung von Europol und weiterer internationaler Akteure konnten mehrere Seecontainer identifiziert und kontrolliert werden. Zwischen Bananen, Mehl und anderen Gütern stellten die Ermittlerinnen und Ermittler mehrere Tonnen Kokain mit einem Straßenverkaufswert von rund 2,6 Milliarden Euro sicher. Im Mai und Juni 2024 erfolgten deutschlandweit mehrere Durchsuchungen und Festnahmen. Die Ermittlungen dauern nach wie vor an.
Präventionsarbeit
Präventionsarbeit ist wesentlich bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität. Neben der Polizei engagieren sich die Kommunen, Sozialeinrichtungen und Schulen aktiv im Bereich der Suchtprävention. Den Schulen steht die Polizei als verlässlicher Kooperationspartner zur Seite und setzt dabei auf etablierte Präventionsprogramme: Zum Thema Drogenprävention bietet sie ein landesweit einheitliches Präventionsprogramm im Baukastenprinzip für die Klassenstufen sechs bis neun an. Mit diesem Präventionsprogramm informierte die Polizei im Jahr 2024 in 2.500 Veranstaltungen rund 61.000 Schülerinnen und Schüler über legale und illegale Drogen. Ergänzend zum Schulprogramm werden Elternabende sowie weitere Informationsveranstaltungen angeboten. In den Veranstaltungen werden unter anderem die Informationsbroschüre „Risiko Drogen“ des Landeskriminalamts Baden-Württemberg und „Sucht erkennen und vorbeugen“ des ProPK kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch theaterpädagogische Projekte gegen Drogen gehören zu den Maßnahmen polizeilicher Drogenprävention.
„Mit einer großen Bandbreite an Maßnahmen wollen wir möglichst viele junge Menschen erreichen und über die gesundheitlichen Gefahren des Drogenkonsums aufklären“, so Innenminister Thomas Strobl.
Auf der Internetpräsenz der Polizei sind Broschüren und Angebote der Suchtberatung abrufbar. Darüber hinaus finden junge Menschen unter der speziell an Jugendliche gerichteten Internetseite viele weitere Informationen zum Thema legale und illegale Drogen.
Informationen zu Neuen psychoaktiven Stoffen bietet die bundesweite Kampagne „Legal Highs“ des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK).