„Der Verfassungsschutz wurde als Frühwarnsystem zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eingerichtet. Seine Aufgabe ist es, verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen zu beobachten und die politischen Verantwortlichen, die Behörden, aber auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes laufend über aktuelle Entwicklungen und drohende Gefahren zu unterrichten.“ Daran erinnerte Innenminister Reinhold Gall anlässlich des 60-jährigen Jubiläums des Landesamtes für Verfassungsschutz. Sein Fazit: Auch in dieser schwierigen Zeit, in der sich der Verfassungsschutz momentan in Deutschland befinde, könne das Landesamt selbstbewusst zurückblicken.
Das Aufgabengebiet und die Schwerpunktsetzung des Landesamtes haben sich im Laufe der Zeit verändert. Die ersten Jahrzehnte seien geprägt gewesen durch den Kalten Krieg. Die Bekämpfung der politischen Spionage und des Linksextremismus hatten damals im Mittelpunkt gestanden. In den 1970er Jahren sei die RAF für die Gesellschaft und den Staat insgesamt eine große Herausforderung gewesen. Seit Anfang der 1980er Jahre habe dann die Bedeutung des Rechtsextremismus und des Ausländerextremismus stetig zugenommen.
„Einen Wendepunkt in der Terrorbekämpfung markierten die furchtbaren Anschläge am 11. September 2001. Auf den islamistischen Extremismus und Terrorismus reagierte das Landesamt für Verfassungsschutz jedoch schnell durch die Gründung der ‚Kompetenzgruppe Islamismus’“, lobte der Innenminister. Neben diesen Aufgaben habe aber auch die Spionageabwehr ihre Bedeutung keinesfalls verloren. „Die Spionageziele haben sich heute jedoch gewandelt - weg von der Politik hin zu Wissenschaft und Forschung“, so Gall. Es gelte heute mehr denn je, dem Abfluss von technischem Know-how durch Spionage entgegenzutreten.
Eine besondere Herausforderung für den Verfassungsschutz stelle die bestürzende Mordserie des Zwickauer Neonazi-Trios dar. Es solle nicht verschwiegen werden, dass es bei den Sicherheitsbehörden insgesamt falsche Einschätzungen und Entscheidungen gegeben habe. Doch den Fokus hier allein auf den Verfassungsschutz zu richten, sei verfehlt. „Der vom Bundestag eingesetzte Untersuchungsausschuss ist mit großer Akribie dabei, Licht ins Dunkel zu bringen. Das Landesamt für Verfassungsschutz leistet seinen Beitrag hierzu“, betonte Innenminister Gall.
Es sei jedoch nicht zu leugnen, dass in den vergangenen Monaten tatsächliche oder vermeintliche Enthüllungen das Vertrauen in den Verfassungsschutz geschwächt hätten. Das Landesamt stehe daher vor der Herausforderung, von der Öffentlichkeit, insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern als glaubwürdiger Partner beim Schutz der Demokratie erkannt zu werden. „Ich bin davon überzeugt, dass die bereits umgesetzten und noch anstehenden Maßnahmen wie die neuen Abwehrzentren, die bundesweite Neuausrichtung des Verfassungsschutzes und eine erweiterte parlamentarische Kontrolle in Baden-Württemberg einen guten Beitrag dazu leisten“, unterstrich der Innenminister. Für diese schwierigen Aufgaben bekämen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz seine volle Unterstützung.
Er gratuliere dem Landesamt für Verfassungsschutz zu seinem 60. Jubiläum und danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren großen Einsatz, um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu bewahren.