„Das Haus des Jugendrechts Pforzheim - Enzkreis hat sich bewährt, es wird seinen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Jugendkriminalität nun auf Dauer leisten.“ Das haben Justizminister Rainer Stickelberger und Innenminister Reinhold Gall am Montag (8. September 2014) bei der Feierstunde zur Unterzeichnung der „Verstetigungs-Urkunde“ in Pforzheim erklärt. Im Haus des Jugendrechts gehe es darum, durch eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit verschiedener Institutionen unter einem Dach die erzieherische Wirkung von Sanktionen gegen jugendliche Straftäterinnen und Straftäter zu verbessern. Außerdem sollen langwierige Jugendstrafverfahren vermieden werden. „Das Konzept ist aus kriminologischer Sicht richtungsweisend“, hoben die Minister hervor.
Die seit dem Startschuss am 6. Februar 2012 in der Bahnhofstraße 26 in Pforzheim erfolgte Vernetzung von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendamt, Gericht und Straffälligenhilfe habe schon einige Früchte getragen. In der zweijährigen Pilotphase seien im „Haus des Jugendrechts“ rund 1500 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mit 2327 Beschuldigten beziehungsweise Betroffenen und 465 Vermisstenfälle bearbeitet worden, berichtete Innenminister Gall. Justizminister Stickelberger wies darauf hin, dass die Zahl der Haftsachen sowie die Zahl der jugendlichen Intensivtäter merklich zurückgegangen sei.
Ein Täter-Opfer-Ausgleich sei in vielen Fällen nunmehr innerhalb von drei Monaten möglich, während ein Ausgleich vor der Einrichtung des Hauses des Jugendrechts teils erst nach bis zu zwölf Monaten erreicht wurde. „Ein Jugendlicher versteht dann besser, dass er etwas falsch gemacht hat und dass sein Fehlverhalten nicht hingenommen wird“, unterstrichen Gall und Stickelberger.
Es gebe zahlreiche Maßnahmen, die von den Institutionen im Haus des Jugendrechts miteinander verknüpft werden: Durch einen kurzen Draht zu den Schulen werde Schulschwänzen bekämpft und es würden pädagogisch sinnvolle Arbeitsstunden in gemeinnützigen Einrichtungen vermittelt. Die Staatsanwaltschaft führe regelmäßig Ermahnungsgespräche. Sofern nötig, werde auch Untersuchungshaft angeordnet. Die Minister stellten fest: „In Pforzheim ist es uns gelungen, Strukturen von Jugendbanden zu zerschlagen.“
Durch die fallbezogene Zusammenarbeit könnten nicht nur Prävention und Repression jugendlicher Straftäter, sondern auch die Nachsorge, etwa durch die gezielte Vermittlung sozialpädagogischer Angebote und von Jobs, sowie die Opferbetreuung verbessert werden. Dafür werde auch ein Opferfonds gebildet.
Zum Konzept gehörten auch wöchentliche Jugendschutzstreifen an beliebten Treffpunkten, Testkäufe von Alkohol- und Tabakprodukten sowie ein „Anti-Graffiti-Mobil“, um Schmierereien möglichst innerhalb einer Woche für den Geschädigten kostenfrei zu entfernen.
Das „Haus des Jugendrechts“ wurde im Zuge der Polizeireform ins Kriminalkommissariat Pforzheim integriert, die Polizei ist dort mit 15 Personalstellen vertreten. Die Staatsanwaltschaft ist mit drei Jugendstaatsanwälten halbtags im wöchentlichen Wechsel sowie nach Bedarf vertreten. Der Bezirksverein für soziale Rechtspflege ist an drei Tagen in der Woche stundenweise beziehungsweise bei Bedarf mit drei Ansprechpartnern abwechselnd vertreten.
Vertreter von Jugend- und Sozialamt der Stadt Pforzheim beziehungsweise des Jugendamts des Landratsamtes des Enzkreises sind nicht im „Haus des Jugendrechts“ untergebracht, nehmen jedoch insbesondere an der wöchentlichen Hausbesprechung teil. Die Jugendrichter der beiden Amtsgerichte Pforzheim und Maulbronn wirken anlassbezogen mit und besuchen die regelmäßigen Hauskonferenzen.
Die örtliche Zuständigkeit des „Hauses des Jugendrechts“ umfasst die Stadt Pforzheim und den Enzkreis. Inhaltlich umfasst die Zuständigkeit grundsätzlich alle Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die von Personen unter 18 Jahren begangen werden, jedoch nur wenn diese in der Stadt Pforzheim beziehungsweise der Gemeinde Ispringen wohnhaft sind. Für schwere Straftaten ist das „Haus des Jugendrechts“ darüber hinaus auch für den Enzkreis zuständig. Außerdem werden Vermisstenfälle von Kindern und Jugendlichen bearbeitet, jedoch nur soweit keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Person besteht.
Die Sachbearbeitung erfolgt, unabhängig der jeweiligen Zuständigkeit von Schutz- beziehungsweise Kriminalpolizei, personen- und gebietsorientiert, das heißt, es besteht weitgehende Kontinuität, da jeweils der gleiche polizeiliche Sachbearbeiter als Ansprechpartner für Kinder, Jugendliche, deren Eltern und die Mitarbeiter der beiden Jugendämter zur Verfügung steht.