Der Landtag von Baden-Württemberg hat heute einstimmig eine Neuregelung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes beschlossen und eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz von Vertrauenspersonen geschaffen. Der Gesetzentwurf war zuvor mit Unterstützung des Innenministeriums in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe beraten und erstellt worden.
„Heute ist ein guter und bedeutender Tag für das Parlament und für die innere Sicherheit in Baden-Württemberg. Alle vier Fraktionen haben sich bei einem wichtigen Thema auf ein gemeinsames Ergebnis verständigt, das sich sehen lassen kann“, stellte Innenminister Reinhold Gall im Anschluss am Mittwoch, 15. Juli 2015, zufrieden fest. „Mit diesem Gesetz machen wir einen deutlichen Schritt nach vorne – hin zur Wiederherstellung von Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit des Verfassungsschutzes“, betonte Gall.
Mit der parlamentarischen Kontrolle werde ein aktuelles und in der Öffentlichkeit diskutiertes Thema aufgegriffen und völlig neu geregelt. „Mit dem vorliegenden Gesetz schließt Baden-Württemberg in Punkto parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes nicht nur zum Bund und anderen Ländern auf. Nein, wir gehen zum Teil deutlich über das hinaus, was andernorts gesetzlich geregelt ist“, unterstrich der Innenminister. Bei dem neuen Parlamentarischen Kontrollgremium würden künftig sämtliche Kompetenzen zur Kontrolle des Verfassungsschutzes gebündelt.
Das Kontrollgremium werde zudem mit deutlich erweiterten Kontrollbefugnissen (zum Beispiel Akteneinsichtsrecht, Zugangsrecht, Befragungsrecht, Recht der Beauftragung eines Sachverständigen und zur Einbeziehung des Landesbeauftragten für den Datenschutz) ausgestattet. Vorgesehen sei auch die Möglichkeit für Bedienstete des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV), sich ohne Einhaltung des Dienstwegs an das Kontrollgremium wenden zu können. „Die durch die Neukonzeption ermöglichte effektivere Kontrolle wird zu einer gesteigerten Akzeptanz der Arbeit des LfV in der Öffentlichkeit führen“, zeigte sich der Minister überzeugt. Das neu installierte Kontrollgremium werde voraussichtlich im September erstmals zusammenkommen.
„Erfreulich ist aus meiner Sicht auch, dass es gelungen ist, bei dem hochsensiblen Thema „Vertrauenspersonen“ gemeinsam eine abgewogene Lösung zu finden. Damit wird erstmals im Land eine gesetzliche Regelung in diesem Bereich getroffen und die notwendige Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geschaffen“, erklärte der Innenminister. Bislang sei dieser Themenbereich in internen Dienstanweisungen geregelt gewesen. Der dauerhafte Einsatz von Vertrauenspersonen - das heißt von Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem LfV Dritten nicht bekannt ist - bedürfe stets der Zustimmung der Behördenleitung.
Bestimmte Personengruppen dürften nicht als Vertrauensperson angeworben und eingesetzt werden: nicht voll Geschäftsfähige (insbesondere Minderjährige), Personen, die von den Geld- und Sachzuwendungen für die Tätigkeit auf Dauer als alleinige Lebensgrundlage abhängen würden, Personen, die an einem Aussteigerprogramm teilnehmen, Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Bundestags, eines Landesparlaments und deren Mitarbeiter. Personen mit Vorstrafen könnten nur unter engen Vo-raussetzungen als Vertrauensleute eingesetzt werden; eine Verurteilung wegen Totschlags oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat stehe dem aber generell entgegen. „Die getroffenen Regelungen, welche Straftaten Vertrauenspersonen begehen dürfen, sind maßvoll und das Ergebnis schwieriger rechtsstaatlicher Abwägungsentscheidungen“, berichtete Minister Gall.
„Mit dem vorliegenden Gesetz werden zwei wichtige, schwierige und in der Öffentlichkeit und dem politischen Raum intensiv diskutierte Themen aufgegriffen und einer abgewogenen und praxisgerechten Lösung zugeführt. Das Gesetz ist Ausdruck eines transparenten Verfassungsschutzes und stellt zugleich einen weiteren Baustein für die Aufklärung und die Bekämpfung extremistischer Bestrebungen dar“, äußerte sich der Innenminister abschließend.