„Unsere wehrhafte Demokratie braucht den Verfassungsschutz. Zur Wiederherstellung des verloren gegangenen Vertrauens und für seine gesellschaftliche Akzeptanz ist aber eine Neuausrichtung unumgänglich. Ich bin mir sicher, dass wir uns bei der Innenministerkonferenz vom 5. bis 7. Dezember auf ein umfassendes Maßnahmenpaket verständigen werden, das den Verfassungsschutz zukunftsfähig macht.“ Das sagte Innenminister Gall in Stuttgart. Die Innenministerkonferenz berät auf ihrer Sitzung in Rostock über eine Vielzahl von Vorschlägen, mit denen Konsequenzen aus den Fehlern und Versäumnissen bei der Aufklärung der Mordserien des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ gezogen werden sollen.
In der öffentlichen Diskussion sei häufig die Notwendigkeit von V-Leuten bezweifelt worden. „Ich halte den Einsatz von V-Leuten durch den Verfassungsschutz weiterhin für unverzichtbar“, erklärte der Minister. Ein Teil der von den Verfassungsschutzbehörden beobachteten Organisationen arbeite konspirativ. Der Informationsaustausch erfolge dort häufig nur im persönlichen Gespräch und ohne die Nutzung technischer Kommunikationsmittel. In diesen Fällen sei es ohne den Einsatz menschlicher Quellen unmöglich festzustellen, welche Gefahren drohen und welche Ziele diese Organisationen tatsächlich verfolgen.
Der Fall des Zwickauer Neonazi-Trios hat nach Ansicht Galls keine Gründe für die Abschaffung von V-Leuten geliefert. Vielmehr hätten die betreffenden Verfassungsschutzbehörden nach dem Abtauchen des Trios in den Untergrund über wichtige Quelleninformationen verfügt. Diese seien allerdings unzureichend ausgewertet und nicht in geeigneter Form an die Polizei weitergegeben worden. Auch in der Vergangenheit habe in einer Reihe von Fällen der Einsatz von V-Leuten wesentliche Beiträge erbracht. Durch sie konnten zum Beispiel rechtsextremistische Konzerte verhindert, Hinweise auf illegalen Waffenbesitz von Extremisten erlangt oder Pläne für Gewalttaten gegen die Polizei bei Veranstaltungen und Demonstrationen aufgedeckt werden.
Innenminister Gall betonte zugleich: „Entscheidend sind bundesweit einheitliche Regeln und Standards bei der Anwerbung, Führung und Bezahlung von V-Leuten. Beispielsweise sollten keine Personen eingesetzt werden dürfen, die wegen erheblicher Straftaten verurteilt wurden. Hierfür werde ich mich auf der Innenministerkonferenz einsetzen.“ Für ihn sei es auch unumgänglich, dass V-Leute die von ihnen beobachtete Organisation nicht steuern dürften. Der Einsatz und die Führung von V-Leuten sei einer engen Kontrolle zu unterziehen. Darüber hinaus müsse der Einsatz von V-Leuten stärker durch das Bundesamt für Verfassungsschutz koordiniert werden. Hierfür könne beispielsweise eine zentrale V-Leute-Datei geschaffen werden, die allerdings keine Klarnamen enthalten sollte.
In Baden-Württemberg ist das Landesamt für Verfassungsschutz gesetzlich befugt, V-Leute einzusetzen. Der Einsatz und die Führung von V-Leuten ist umfassend in Dienstvorschriften geregelt.
Quelle:
Innenministerium Baden-Württemberg