Innenminister Reinhold Gall hat am Montag, 18. Januar 2016, im Innenministerium die Wanderausstellung „Grafeneck 1940 – Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland“ eröffnet. Sie ist Teil einer Veranstaltungsreihe, die das Innenministerium im vergangenen Jahr, 75 Jahre nach dem Beginn der sogenannten Euthanasiemorde, gestartet hat, um zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und unserer besonderen Verantwortung heute anzuregen. Die Ausstellung widmet sich dem Ort des Verbrechens: Grafeneck nahe dem Gestüt Marbach im Landkreis Reutlingen.
Grafeneck sei nicht die einzige Tötungsanstalt und auch nicht der einzige Tatort gewesen. „Das wird deutlich, wenn wir uns mit der damaligen Rolle der Ministerien und Behörden bei den Verbrechen befassen“, sagte Gall. Nicht nur die Tötungsanstalten, sondern auch die Amtsstuben und Schreibtische seien Tatorte gewesen. Und nicht nur diejenigen, die unmittelbar getötet hätten, seien Täter gewesen, vielmehr seien all jene, die dieses Töten ermöglicht oder bürokratische vertuscht hätten, Mittäter gewesen.
Die Ausstellung wolle aber vor allem an die Menschen erinnern, die zu Opfern geworden sind. Eines der Opfer in Grafeneck sei Erna Bechhöfer gewesen, für deren Stolperstein im Stuttgarter Westen Minister Gall im April 2013 die Patenschaft übernommen hat. Ihr Schicksal führe vor Augen, dass Unrecht und Leid keine anonymen Zahlenkolonnen seien, deren gedacht werde, sondern Menschen, die zu Außenseitern gemacht, diffamiert und schließlich getötet worden seien. „Die Würdigung für Erna Bechhöfer soll aber auch zur Mahnung für die Menschen stehen, die heute krank oder behindert sind, die nicht in eine Norm passen, sondern im wahrsten Sinn des Wortes außergewöhnlich sind“, betonte der Minister. Das Erinnern stehe für das heute gute Miteinander behinderter und nicht behinderter Menschen – auch wenn es auf diesen Weg noch viel zu tun gebe.
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Die Ausstellung „Grafeneck 1940 – Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland“ kann bis zum 12. Februar 2016 montags bis freitags von 7.00 bis 19.00 Uhr im Atrium I des baden-württembergischen Innenministeriums besucht werden. Der Eintritt ist frei.