Verkehrssicherheit

Bericht der Projektgruppe „Mobilität im Alter“

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Abgesicherter Unfallort. Quelle: Fotolia

Immer mehr ältere Menschen können dank höherer Fitness und besserer Technologien am Verkehr teilnehmen. Leider werden sie dabei aber auch Opfer von Unfällen. Um ihre Verkehrssicherheit zu erhöhen, hat eine von der Landesregierung eingesetzte Projektgruppe aus Expertinnen und Experten eine Reihe von Empfehlungen vorgelegt. Dabei stehen Anreize für freiwillige Maßnahmen im Vordergrund. Das Ziel des Verkehrssicherheitskonzeptes des Landes ist: „Wir wollen die Mobilität bis ins hohe Alter fördern und erhalten“, betonten Innenminister Reinhold Gall und Sozialministerin Katrin Altpeter am Mittwoch, 1. Juli 2015, in Stuttgart. Mobilität sei ein zentraler Baustein für Lebensqualität und für gesellschaftliche Teilhabe unverzichtbar.

Die Projektgruppe hat sich zunächst intensiv mit der Unfallsituation älterer Menschen auseinander gesetzt. Hierbei habe sie Folgendes festgestellt:
- 2014 war fast jeder dritte Verkehrstote im Seniorenalter, also 65 Jahre oder älter (31,1 Prozent; 145 von 466).
- Bei den getöteten Fußgängerinnen und Fußgängern (22 von 55; 40 Prozent) und den getöteten Radfahrerinnen und Radfahrern (33 von 53; 62,3 Prozent) war dieser Anteil noch höher.
- Fast drei Viertel (71,4 Prozent) der tödlichen Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Seniorinnen und Senioren wurden von diesen selbst verursacht.
- Die Altersgruppe der Seniorinnen und Senioren älter als 74 Jahre ist besonders unfallbelastet.

Der Innenminister stellte jedoch klar, dass ältere Menschen in der Regel vorsichtig und langsam fahren. Die Hauptunfallursachen seien daher bei dieser Altersgruppe nicht das zu schnelle Fahren, sondern vielmehr komplexe Verkehrssituationen an Kreuzungen und Einmündungen oder Fehler beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren. Dennoch müsse die Altersgruppe der Seniorinnen und Senioren differenziert betrachtet werden. „Das Alter alleine lässt keine Rückschlüsse über die Fahreignung zu“, unterstrich Reinhold Gall.

Die Projektgruppe habe auf dieser Grundlage 21 Maßnahmen zur Ver-besserung der Verkehrssicherheit von Seniorinnen und Senioren sowie zur Förderung einer hohen Mobilität im Alter erarbeitet. Beispielhaft nannten Minister Gall und Ministerin Altpeter folgende Maßnahmen:

Zur Erhaltung der Mobilität müsse die „Zeit nach dem Auto“ besonders berücksichtigt werden, erklärte Ministerin Altpeter. „Alle Verantwortlichen stehen vor der Aufgabe, die vielerorts bereits begonnene altersangepasste Gestaltung des Verkehrsraums und des ÖPNV weiter voranzutreiben. Hierzu zählen beispielsweise Haltestellen mit einem barrierefreien Zugang, gute Sichtverhältnisse oder ausreichend lange Grünphasen der Ampeln, damit auch langsamer gehende ältere Menschen genug Zeit haben, um die Straße zu überqueren“, sagte sie.

Vielfach würden bereits einfache Maßnahmen genügen, um älteren Menschen ein besseres Durchkommen und damit mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu ermöglichen. „Sichere Mobilität für ältere Menschen muss bereits ab der Haustür möglich sein. Durch zugeparkte Gehwege werden ältere Menschen mit Rollatoren oder im Rollstuhl gefährdet und zum Ausweichen auf die Straße gezwungen. Hier ist jeder einzelne Verkehrsteilnehmende gefordert, sein eigenes Verhalten kritisch zu hinterfragen und ordnungsgemäß zu parken“, sagte die Sozialministerin.

Für eine seniorengerechte Gestaltung des Verkehrsraumes wird das Innenministerium das aus dem Schülerverkehr bekannte Modell „Sicherer Schulweg“ auf die Zielgruppe der Älteren adaptieren. „Hierzu werden wir die regionalen Polizeipräsidien in den kommenden Wochen auffordern, auf die Städte und Kommunen zuzugehen“, kündigte Gall an.

Mit Blick auf die Zielgruppe der älteren Fahrradfahrenden sagte der Innenminister: „Ich bin davon überzeugt, dass der Radhelm schwerste Verletzungen verhindern kann. Dennoch setzen wir auf Freiwilligkeit, nicht auf Zwang.“ Er sprach sich damit gegen eine generelle Helmpflicht aus. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem erfolgreichen Radhelmprojekt „Schütze Dein BESTES“ werde aktuell eine Radhelmkampagne für Seniorinnen und Senioren entwickelt. „Wir wollen das Helmtragen weiter fördern und die Helmquote damit kontinuierlich anheben“, so Gall weiter.

Für die Zielgruppe der älteren Autofahrenden habe sich das Präventionsprojekt „Sicher fit unterwegs“ bestens bewährt. Hierbei handle es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg, der Polizei Baden-Württemberg und des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg, bei dem in einer dreiteiligen Seminarreihe die Teilneh-merinnen und Teilnehmer in Abendveranstaltungen über Neuerungen und Änderungen in der Straßenverkehrsordnung, Risiken von Arzneimitteln im Straßenverkehr sowie über die verantwortungsvolle Medikamenteneinnahme bei altersbedingten Erkrankungen informiert würden.

„Aufgrund unserer guten Erfahrungen mit dem Verkehrssicherheitsprojekt „Sicher fit unterwegs“ werden wir es um einen weiteren Baustein zur sicheren Nutzung von Elektrofahrrädern ergänzen und auf örtlicher Ebene intensivieren“, hob der Minister hervor.

Mit Blick auf die Fahreignung älterer Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer betonten Innenminister Gall und Sozialministerin Altpeter: „Verpflichtende Fahreignungsprüfungen wird es nicht geben! Wir setzen auf die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmenden.“ Eine realistische Selbsteinschätzung über die Fähigkeiten zur Teilnahme am Straßenverkehr sei hierfür besonders wichtig. Bislang gebe es bereits ein umfangreiches Angebot an freiwilligen Fahrsicherheitstrainings, Fahreig-nungsberatungen und -untersuchungen sowie weiteren verkehrspräventiven Aktionen und Projekten.

„Zur Steigerung des Bekanntheitsgrades dieser sinnvollen und wichtigen Angebote werden wir noch in diesem Jahr eine breit angelegte Öffentlichkeitskampagne auf den Weg bringen“, kündigten die Minister an. Neben der Landesregierung seien hierbei auch der Landesseniorenrat, die Landesverkehrswacht, Mobilitäts- sowie Fahrlehrerverbände beteiligt.

Abschließend hob Ministerin Altpeter die Bedeutung der Familie bei diesem wichtigen Thema hervor: „Viele ältere Menschen haben Angst davor, dass ihre Lebensqualität deutlich sinkt, wenn sie ihren Führerschein abgeben. Sprechen Sie mögliche Bedenken hinsichtlich der Fahreignung eines älteren Familienmitglieds dennoch offen an. Zeigen Sie Ihrem Familienmitglied dabei Alternativen auf und machen Sie ihm deutlich, dass ein normaler Alltag auch ohne Auto weitergehen kann.“

Zum Hintergrund: Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von Seniorinnen und Senioren bei gleichzeitigem Erhalt einer hohen Mobilität im Alter wurde unter der Federführung des Innenministeriums die Projektgruppe „Mobilität im Alter“ eingerichtet. Neben den Ministerien für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren und für Verkehr und Infrastruktur waren auch der Landesseniorenrat, Mobilitäts- und Berufsverbände, die Landesärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung sowie Vertretungen der Kirche in der Projektgruppe vertreten. Die Projekt-gruppe sei durch das im Juli 2013 für Baden-Württemberg verabschiedete Verkehrssicherheitskonzept angestoßen worden. Die Landesregierung verfolge dabei weiterhin das Ziel, die Anzahl der Verkehrstoten bis 2020 um 40 Prozent zu senken.

„Durch die Zusammensetzung der Projektgruppe wurden möglichst viele Organisationen, die sich mit den Lebensbedingungen älterer Menschen befassen, eingebunden. Hierdurch stand allen Beteiligten eine umfangreiche Sachkunde, gerade auch zu medizinischen Fragen der Fahreignung, zur Verfügung“, sagten Altpeter und Gall.

Bericht der Projektgruppe

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