Gemeinsam mit Unternehmen der Mobilitätswirtschaft haben die Städte Aalen, Breisach am Rhein, Hockenheim, Neckarsulm und Reutlingen digitale Mobilitätslösungen entwickelt. Um diese zu verbessern und auf weitere Regionen zu übertragen, fördert das Land die Projekte im Zuge des Programms "InKoMo 4.0" mit insgesamt rund 1,7 Millionen Euro.
„Die Automobilbranche steht vor großen technologischen Umbrüchen. Wir wollen unsere Spitzenposition auf dem Weltmarkt halten und Baden-Württemberg vom Autoland zum Mobilitätsland Nummer eins weiterentwickeln. Dazu bedarf es innovativer, digitaler Lösungen – die auch zur Marktreife gebracht werden. Hier setzten wir mit unserem Programm InKoMo 4.0 an: Mit engen Partnerschaften zwischen Kommunen und Mobilitätswirtschaft fördern wir die Entwicklung und Erprobung von neuen digitalen Mobilitätsdiensten. Unsere Kommunen sind echte Innovationsmotoren. Damit die Projekte auch in die Fläche kommen, fördern wir fünf herausragende digitale Mobilitätslösungen mit insgesamt rund 1,7 Millionen Euro“, erklärte Digitalisierungs- und Innenminister Thomas Strobl anlässlich der Preisverleihung zum Förderprogramm InKoMo 4.0.
Durch das Förderprogramm InKoMo 4.0 (Innovationspartnerschaften zwischen Kommunen und der Mobilitätswirtschaft 4.0) sollen bereits erfolgreich erprobte digitale Mobilitätslösungen verbessert und auf weitere Regionen übertragen werden. Ausgezeichnet werden die Städte Aalen, Breisach, Hockenheim, Neckarsulm und Reutlingen. Sie werden dabei unterstützt, Produkte und Dienste insbesondere zur vernetzten Verkehrssteuerung und zum automatisierten Fahren voranzubringen. Die fünf aktuell bewilligten InKoMo-Förderanträge haben ein Volumen von insgesamt 1,7 Millionen Euro. Die Vorhaben sind auf drei Jahre angelegt und werden von einer eigens eingerichteten Geschäftsstelle beim Städtetag Baden-Württemberg begleitet.
Die ausgezeichneten Projekte
Die Stadt Aalen will mit einem dynamischen und intelligenten Parkleitsystem den innerstädtischen Parksuchverkehr verringern. Dafür soll eine Kombination aus modernster Sensortechnik, Datenplattform und App-basiertem Verkehrsleitsystem verwendet werden. Die erfassten Daten können sowohl über das Geodatenportal der Stadt und eine App, als auch über Drittsysteme, wie externe Navigationsgeräte, zur Wegeführung genutzt werden. Zudem sollen die Daten durch ein Analysetool, das mit Methoden der Künstlichen Intelligenz arbeitet, Prognosen über verfügbare Parkplätze ermöglichen. Das gesamte Vorhaben wird mit 334.015 Euro gefördert.
Thilo Rentschler, Oberbürgermeister der Stadt Aalen: „Mit der Umsetzung eines sensorbasierten intelligenten Parkraummanagements können wir gezielt Lärm und Abgasemissionen reduzieren und schaffen damit einen echten Mehrwert für die Bürgerschaft. Aalen geht damit den nächsten greifbaren Schritt zur echten Smart City.“
Die Stadt Breisach am Rhein will ein hochautomatisiertes, für den autonomen Betrieb vorbereitetes Shuttle („Novo Transport“) in den vorhandenen Bürgerbusbetrieb integrieren und damit das Angebot des Bürgerbusses erweitern. Mit Sensoren im umgebauten Kleinbus können weitere Daten für Mehrwertdienste, wie etwa das Parkraummanagement oder die Straßenzustandserfassung, gesammelt werden. Aus den Erfahrungen des automatisierten Bürgerbusses soll ein Kurzstrecken-Shuttleverkehr in Freiburg konzipiert werden, der den Pendelverkehr in einem Industriegebiet zu Stoßzeiten zwischen Firmen und Haltestellen verbessern soll. Das Vorhaben wird mit 424.316 Euro gefördert.
Oliver Rein, Bürgermeister der Stadt Breisach am Rhein: „Das Projekt bietet uns die Chance, ein Modell zu entwickeln, das auf andere Städte und Bürgerbusvereine übertragen werden kann. Gleichzeitig können wir beispielhaft erproben, wie die Digitalisierung in unserer Kommune nachhaltig und intelligent gestaltet werden kann und welche organisatorischen und strukturellen Veränderungen in unserer Verwaltungsorganisation dafür nötig sind.“
Die Stadt Hockenheim möchte mit 19 Kommunen und der Stuttgarter vialytics GmbH ein automatisiertes System zur Erfassung von Straßenschäden einrichten. Dazu werden Smartphones mit der App in kommunalen Nutzfahrzeugen installiert. Das System ist bereits auf dem Markt und wird von Kommunen auch genutzt. Nun sollen Bild- und Erschütterungsdaten auf einer gemeinsamen Web-Plattform verarbeitet werden. Die Masse an Daten soll automatisierte Auswertungen auf steigendem Qualitätsniveau erlauben. Damit könnten auch automatisiert Vorschläge für die Sanierungsplanung erstellt werden. Die verbesserte Erfassung von Straßenschäden und die Realisierung gemeinsamer Ausschreibungen könnten zu hohen Kosteneinsparungen führen. Das Vorhaben wird mit 251.816 Euro gefördert.
Marcus Zeitler, Oberbürgermeister der Stadt Hockenheim: „Die Stadt Hockenheim und agile Startups wie Vialytics haben mehr gemeinsam, als man vordergründig denkt. Die Auszeichnung des Landes ist der Beweis dafür. Sie ist ein weiterer Schritt hin zu den digitalen Kommunen der Zukunft. Ich freue mich sehr über die Auszeichnung für Hockenheim unter all den vielen Mitbewerbern.“
Die Stadt Neckarsulm will die Mobiltätsdatenplattform des Landes „MobiData BW“ nutzen, um Daten für eine bessere Verkehrssteuerung zu integrieren – etwa aus einem kommunalen Baustelleninformationssystem, aus Echtzeitdaten von Bussen und Parkraumsensoren. Die Bürgerinnen und Bürger sollen mit einer am Markt bereits etablierten App der Karlsruher raumobil GmbH von den Daten direkt profitieren. Das Vorhaben wird mit 355.053 Euro gefördert.
Steffen Hertwig, Oberbürgermeister der Stadt Neckarsulm: „Die Förderzusage für das Förderprogramm InKoMo 4.0 ist für die Stadt Neckarsulm ein weiterer Meilenstein auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Mit rund 41.ooo Arbeitsplätzen und mehr als 36.000 Berufseinpendlern gehört die Stadt zu den besonders verkehrsbelasteten Wirtschaftsräumen in Baden-Württemberg. Im regionalen Mobilitätspakt und mit dem städtischen Mobilitätskonzept Neckarsulm 2030+ setzen wir gemeinsam mit unseren Partnern auf innovative, vernetzte Lösungen, um die Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen. Unser neues Projekt MobiWert passt hier genau ins Konzept. Ziel ist es, die Verkehrsströme mit Hilfe von dynamischen Mobilitätsdaten intelligent und effizient zu steuern, um Staus rechtzeitig zu vermeiden. So wollen wir dazu beitragen, das Mobilitätsverhalten im Allgemeinen zu verändern.
Dank der Unterstützung des Landes können wir im Rahmen dieses Projektes die Mobilitätsdaten auf einer Datenplattform des Landes sowie auf einer regional erweiterbaren App sichtbar machen und Kommunen, Verkehrsdienstleistern und Bürgern zur Verfügung stellen. Die Skalierbarkeit eröffnet die Möglichkeit für eine Vielzahl von Anwendungen, die auch auf weitere Kommunen übertragbar sind. Die Bandbreite reicht von der Bereitstellung und Nutzung von Echtzeit-Daten im ÖPNV über ein kommunales Baustellen-Informationssystem bis hin zur Parkraum-Sensorik.“ Die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse werden den Kommunen mittels Handlungsleitfäden zur Verfügung gestellt. Damit leisten wir einen wegweisenden Beitrag, um Mobilität neu zu denken und überflüssigen Verkehr zu vermeiden.“
Die Stadt Reutlingen möchte den Logistikverkehr in der Innenstadt verringern und mit dem digitalen Plattformanbieter pakadoo aus Böblingen einen zentralen Innenstadthub für Paketlieferungen von Zustellerfirmen und Online-Shops errichten. Die Weiterleitung der Pakete an Paketschränke oder Multilabel-Shops (Microhubs) erfolgt mit emissionsfreien Fahrzeugen durch den Betreiber des zentralen Hubs. An den Microhubs können die Endkunden dann ihre Paketbestellungen gebündelt abholen. Das Angebot richtet sich an Haushalte und den Einzelhandel. Der Endkunde entscheidet per App selbst, ob er die Lieferung an den Microhub erhalten will oder von einem Paketlieferer an die Haustür. Für den Nutzer bietet die Bündelung am Microhub eine erhebliche Weg- und Zeitersparnis. Das Vorhaben wird mit 322.134 Euro gefördert.
Thomas Keck, Oberbürgermeister der Stadt Reutlingen: „Unser Projekt ermöglicht eine Reduzierung der innerstädtischen Verkehrsbelastung durch intelligente Paketzustellung und -Steuerung, sodass die Innenstadt attraktiver wird. Zudem wird der Komfort der Paketzustellung für unsere Bürger erhöht. Gerade in Zeiten von Corona wird deutlich, welches Potenzial in unserem Ansatz besteht. Wir freuen uns deshalb über die Förderung und hoffen, dass unser Projekt beispielgebend für andere Innenstädte wird."
"Die ausgezeichneten Projekte zeigen deutlich, wie viel Innovationskraft in der Wirtschaft und in den Kommunen des Landes steckt. In Kombination entfalten sie nun ihr volles Potenzial. Das ist gut für unseren Wirtschaftsstandort und die Lebensqualität der Menschen in Baden-Württemberg. Wir helfen damit, Staus und Verkehrslärm zu verringern, Luftqualität, Verkehrssicherheit und Komfort zu verbessern und bestimmte Bevölkerungsgruppen mehr Teilhabe an mobilen Angeboten zu ermöglichen. Das ist großartig und ein wichtiges Zeichen in dieser für uns alle und auch für die Automobilbranche schwierigen Zeit“, betonte der Stv. Ministerpräsident und Digitalisierungsminister Thomas Strobl.
Kommunen und Unternehmen vernetzen
InKoMo 4.0 zielt darauf ab, Anbieter von Mobilitätslösungen mit Gemeinden, Städten und Landkreisen zusammenzubringen, um für eine schnelle Umsetzung in der Fläche zu sorgen. In Kooperation mit den Kommunalen Landesverbänden, der e-mobil BW GmbH und der VDI/VDE IT GmbH wurde dafür zum Jahresbeginn 2019 eine Geschäftsstelle beim Städtetag Baden-Württemberg zur Beratung von Kommunen und Unternehmen eingerichtet. Mit Informationsveranstaltungen und Workshops erreichte die Geschäftsstelle bislang mehr als 150 Kommunen und Unternehmen und unterstützte die Bildung neuer regionaler Allianzen. Daneben bietet die Online-Plattform des Projekts unter www.inkomo-bw.de Kommunen und Unternehmen eine weitere Vernetzungsmöglichkeit. Auf der Plattform können Projekte und digitale Lösungen präsentiert werden, die die Bedarfe der Kommunen treffen, aufdecken oder neu schaffen. Auch Kommunen können ihre individuellen Mobilitätsbedarfe dort melden.
Das Projekt ist im Rahmen des Themenfelds „Digitalisierung“ des Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg entstanden. Der Strategiedialog hat sich zum Ziel gesetzt, den Strukturwandel in der Automobilindustrie, ausgelöst durch Digitalisierung, Elektromobilität und autonomes Fahren, im Schulterschluss von Landesregierung, Mobilitätswirtschaft und Kommunen zu bewältigen und Innovationspotenziale aufzuzeigen.
Kommunale Landesverbände zur Preisverleihung
„Die Verkehrswende ist auch für den Ländlichen Raum eine große Chance. Insbesondere hier wird es zu strukturellen und technologischen Veränderungen kommen, die ganze Regionen voranbringen können. Die geförderten Projekte im Rahmen von InKoMo leisten hierbei einen wichtigen Beitrag, um solche neuartigen Mobilitätslösungen zielgerichtet anzustoßen und erfolgreich weiterzuentwickeln“, sagte Roger Kehle, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg.
Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, erklärte: „Die ausgezeichneten Projekte zeigen zum richtigen Zeitpunkt, welches Potential wir in Baden-Württemberg haben, um kommunale Nachfrage mit den Angeboten unserer Wirtschaft zusammen zu bringen. Die Modellprojekte zeigen bildhaft, an welcher Stelle in der Kommune Digitalisierung Innovationssprünge ermöglicht, Verkehrslenkung vereinfacht und teilautomatisiertes Fahren kostengünstigere Nahverkehrslösungen ermöglicht. Wir müssen sehen, wie die jetzigen Schritte zu mehr Nutzen führen. Auch in Zukunft muss es darum gehen, der digitalen Mobilitätswirtschaft in Baden-Württemberg den kommunalen Markt weiter zu öffnen.“
„Wann, wenn nicht jetzt, ist der richtige Zeitpunkt, um sowohl neue intelligente Mobilitätslösungen zu schaffen, als auch bestehende Angebote durch digitale Lösungen 'smart' zu machen. Seit Langem engagieren sich die Landkreise als ÖPNV-Aufgabenträger gemeinsam mit Städten und Gemeinden in den verschiedensten Projekten, um solche Angebote sprichwörtlich ins Rollen zu bringen. Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass heute fünf innovative Projekte mit hohen Fördersummen ausgezeichnet wurden, von denen insgesamt 24 Städte und Gemeinden aus 13 Landkreisen in Baden-Württemberg profitieren werden", betonte Professor Dr. Alexis von Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistages Baden-Württemberg.
Alle ausgezeichneten Projekte auf einen Blick im PDF sowie weitere Informationen zu InKoMo 4.0.