„Heute begehen wir zum zweiten Mal den Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung und erinnern an das Schicksal und das unermessliche Leid, das unsere Landsleute bei der Flucht und der Vertreibung erleiden mussten“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident und Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration, Thomas Strobl, bei der Kranzniederlegung zum Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am Montag, 20. Juni 2016, in Bad Cannstatt.
Den Vertriebenen sei großes Unrecht zugefügt worden. Dennoch hätten sie bereits 1950 mit der Charta der deutschen Heimatvertriebenen die Stärke bewiesen, auf Rache und Vergeltung zu verzichten. Dies sei eine beachtenswerte Leistung der Vertriebenen, die große Anerkennung verdiene. Zudem hätten sie in beeindruckender Weise zum Wiederaufbau Baden-Württembergs nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen und das Land mit ihren Traditionen, Kenntnissen und Erfahrungen bereichert.
Aufgrund ihrer Erfahrungen seien die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge von damals wohl auch diejenigen, die am ehesten nachempfinden könnten, was die Flüchtlinge von heute durch den Verlust ihrer Heimat ertragen müssten. Die Situation der Flüchtlinge heute sei mit der der Vertriebenen von damals jedoch nur sehr bedingt vergleichbar. Vergleichbar sei aber die Angst vor der ungewissen Zukunft. „Die Frage, was einen selbst und die Familie erwartet, war sicher bei Ihnen allgegenwärtig – und sie wird es auch bei unseren heutigen Flüchtlingen sein“, so der Minister. Allerdings kämen die heutigen Flüchtlinge in ein wohlgeordnetes Gemeinwesen, während die Heimatvertriebenen in ein vom Krieg zerstörtes Land gekommen seien, das erst noch aufgebaut werden musste. Mit ihrer Schaffenskraft und ihrem Engagement hätten sie dann dazu beigetragen, dass Integration möglich war. Diese Integration sei eine Erfolgsgeschichte, ein Beispiel für heute, wie Integration gelingen könne.
Auch die Leistung der Vertriebenen als Brückenbauer nach Osteuropa hob der Innenminister hervor. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hätten sie ihre Kontakte in die frühere Heimat im Osten verstärkt beziehungsweise aufgebaut. „Diese Kontakte sind wichtig“, betonte Strobl, „denn nur wer um das Schicksal des anderen weiß, kann sich in dessen Situation einfühlen, und nur so kann es zu einer Verständigung kommen.“ Und nur bei einer breiten zivilgesellschaftlichen Verständigung hätten politische Vereinbarungen eine stabile Basis.
Der Minister dankte den Heimatvertriebenen für ihr Engagement und bestärkte sie darin, auch weiterhin Brücken in den Osten Europas zu bauen.