Das Land Baden-Württemberg und die Stadt Mannheim haben den Aktionsplan „Mehr Sicherheit für Mannheim“ geschlossen. Durch Intelligenten Videoschutz, personelle Verstärkung des Polizeipräsidiums und einer Waffen- und Messerverbotszone wird die Sicherheitslage in Mannheim weiter verbessert.
Das Land Baden-Württemberg und die Stadt Mannheim haben vereinbart, mit einem Aktionsplan „Mehr Sicherheit für Mannheim“ die Sicherheitslage in Mannheim weiter zu verbessern: Das Land verlängert den Intelligenten Videoschutz und verstärkt das Polizeipräsidium Mannheim personell, die Stadt Mannheim hat eine Waffen- und Messerverbotszone eingerichtet und trifft weitere Maßnahmen für ein Mehr an Sicherheit. Sofern es durch Versammlungen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt zu Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kommt, trifft die Polizei unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten und im engen Schulterschluss mit der Stadt Mannheim als Versammlungsbehörde die erforderlichen Maßnahmen, um Handlungen zu unterbinden, bei denen die antiisraelische Intention die Grenze zum Antisemitismus überschreitet. Der Aktionsplan ist das Ergebnis eines Gesprächs am 4. Dezember 2023 zwischen Innenminister Thomas Strobl, Oberbürgermeister Christian Specht und dem Polizeipräsidenten des Polizeipräsidiums Mannheim, Siegfried Kollmar.
Technik made in Baden-Württemberg
„Mit gezielten Maßnahmen wollen wir das hohe Sicherheitsniveau in den baden-württembergischen Großstädten immer weiter verbessern. Das Projekt des Intelligenten Videoschutzes in Mannheim ist eine der Möglichkeiten, wie wir dabei effektiv vorgehen können. Mit der Fortführung und Weiterentwicklung des erfolgreichen Projekts bleiben wir weiterhin Vorreiter im Umgang mit dieser zukunftsweisenden Technik. Mit Hilfe der neuesten Technik ‚Made in Baden-Württemberg‘ wird der Intelligente Videoschutz ein wichtiges Instrument für die erfolgreiche Arbeit unserer Polizei werden. Wir bekämpfen Kriminalität effizient, schaffen Sicherheit und beachten dabei zugleich die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger“, sagte der Stv. Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl.
„Mannheim ist eine sichere Großstadt. Damit das auch in Zukunft so bleibt, wollen wir gemeinsam mit dem Land einen umfassenden Aktionsplan ‚Mehr Sicherheit für Mannheim‘ entwickeln und umsetzen“, sagte Oberbürgermeister Christian Specht. „Ich freue mich, dass wir heute die Maßnahmen aus dem Aktionsplan, die wir jetzt umsetzen, vorstellen können. Alle Aktivitäten werden wir regelmäßig auf ihre Wirksamkeit evaluieren und bei Bedarf entsprechend nachsteuern.“
Pilotprojekt Intelligenter Videoschutz
Mit der Fortführung des Pilotprojekts Intelligenter Videoschutz soll das Sicherheitsgefühl in der Mannheimer Bevölkerung weiter gestärkt werden. Die vorhandene Software soll nun zu einem marktreifen Produkt weiterentwickelt werden, das nur noch konkrete und anlassbezogene Alarme generiert. Diese werden auf einem Monitor im Führungs- und Lagezentrum angezeigt, wo sie durch eine Polizeibeamtin oder einen Polizeibeamten hinsichtlich der Einsatzrelevanz bewertet werden. Damit greift der Intelligente Videoschutz im Vergleich zur klassischen Videoüberwachung deutlich geringer in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein. Gleichzeitig hilft der Intelligente Videoschutz der Polizei dabei, Gefahrensituationen und möglicherweise strafrechtlich relevante Sachverhalte frühzeitig zu erkennen, um zeitnah intervenieren zu können.
Im Mannheimer Innenstadtbereich sind insgesamt 68 Kameras an fünf Kriminalitätsschwerpunkten in Betrieb, von denen aktuell zehn Kameras an die intelligente Software angeschlossen sind. In der nun folgenden Projektphase ist der sukzessive Anschluss weiterer Kameras und damit die Schaffung eines intelligenten Kameraverbundes vorgesehen.
Im Dezember 2018 erfolgte der Startschuss für das Projekt des auf Algorithmen basierten Videoschutzes in Mannheim. An dem innovativen Projekt sind das Land, die Stadt Mannheim, das Polizeipräsidium Mannheim und das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) beteiligt. Mit Hilfe der intelligenten Software ist es möglich, anhand von Verhaltensmustererkennung sicherheitskritische Bewegungen einer Person zu erkennen und daraus einen Hinweis in Form einer Alarmmeldung zu generieren. Das bedeutet: Bestimmte Verhaltensmuster, die auf Straftaten hindeuten wie etwa Schlagen, Rennen, Treten, Hinfallen werden über entsprechende Algorithmen erkannt und in Echtzeit an das Führungs- und Lagezentrum der Polizei gemeldet.
Der Einsatz des Intelligenten Videoschutzes soll nach Abschluss des Modellprojekts in Mannheim evaluiert werden.
Mannheim übernimmt bundesweit Vorreiterrolle
„Dank der Vorreiterrolle, die Mannheim hier bundesweit übernommen hat, bekamen wir überhaupt erst die Möglichkeit, die Software auf Basis realer Kamerabilder zu trainieren“, sagte Dr. Markus Müller, Abteilungsleiter Videoauswertesysteme am Fraunhofer IOSB. „So bringt das System mittlerweile eine gewisse Arbeitserleichterung und es interessieren sich zunehmend weitere Städte für dessen Einsatz. Der Praxiseinsatz bringt uns dann wiederum dem Ziel ‚schwarzer Überwachungsmonitore‘ näher, die sich nur noch in sicherheitskritischen Situationen einschalten und so den Datenschutz maximieren.“
„Bei dem Mannheimer Projekt handelt es sich um ein Paradebeispiel für die Digitalisierung und die Entwicklung Künstlicher Intelligenz durch Kooperation wissenschaftlicher Einrichtungen mit der Landesverwaltung“, betonte Polizeipräsident Siegfried Kollmar. „Es ermöglicht uns als Polizei, mit Unterstützung modernster Technik, den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger voranzutreiben.“
„Diese Art des intelligenten Videoschutzes ist Vorbild für Maßnahmen an Kriminalitätsschwerpunkten im ganzen Land, wenn nicht europaweit. Als Weiterentwicklung der klassischen Videoüberwachung dient sie dem Ziel, Videoüberwachung im Öffentlichen Raum ressourcen- und grundrechtsschonender durchführen zu können. Damit erreichen wir nicht nur, dass die Menschen in Baden-Württemberg noch sicherer sind, sondern sich hier auch noch sicherer fühlen können“, so Innenminister Thomas Strobl.
„Mit diesem Projekt haben wir eine bundesweite Vorreiterrolle, viele sicherheitspolitische Augen sind gespannt auf uns gerichtet. Zum Beispiel hat die Stadt Hamburg unsere Technik übernommen, um sie ebenfalls zu testen“, berichtete Oberbürgermeister Christian Specht, der das Projekt vor fünf Jahren in seiner damaligen Funktion als Sicherheitsdezernent initiiert hatte. Er betonte: „Unser Videoschutz wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen. In repräsentativen Umfragen haben ihn wiederholt über 80 Prozent der Teilnehmer befürwortet, 58 Prozent haben angegeben, dass sie sich mit den Kameras subjektiv sicherer fühlen als ohne. Das ist ein starkes Ergebnis.“
Waffenverbotszonen
Die Stadt Mannheim hat Anfang Dezember eine Waffen- und Messerverbotszone eingerichtet. Der Verbotsbereich erstreckt sich auf einen Teil der Innenstadtquadrate, den Bahnhofsvorplatz, die Wasserturmanlage mit Plankenkopf, die Kurpfalzbrücke sowie den Alten Meßplatz. Die Maßnahmen sind zeitlich begrenzt: Das Verbot des Führens von Waffen und bestimmter Messer gilt freitags von 20:00 Uhr bis samstags 06:00 Uhr, samstags von 20:00 Uhr bis sonntags 06:00 Uhr sowie an Tagen vor Feiertagen von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr des Feiertagsmorgens. Nach einem Jahr wird die Verbotszone evaluiert.
Anfang Oktober 2022 hat das Land die rechtlichen Möglichkeiten zur Einrichtung von Waffen- und Messerverbotszonen durch die Kreispolizeibehörden geschaffen. Die zuständigen Behörden erhalten hierdurch einen zusätzlichen Baustein für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum, von dem neben der Stadt Stuttgart jetzt auch die Stadt Mannheim Gebrauch gemacht hat. Waffenverbotszonen können an besonders kriminalitätsbelasteten Orten eingerichtet werden, an denen wiederholt bestimmte Straftaten, wie etwa Raubdelikte, Körperverletzungsdelikte, Bedrohungen, Nötigungen, Sexualdelikte, Freiheitsberaubungen oder Straftaten gegen das Leben begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass auch künftig mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist. Darüber hinaus kommt die Einrichtung einer Waffenverbotszone an anderen, im Waffengesetz näher bezeichneten Örtlichkeiten, beispielsweise auf bestimmten öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen, auf denen Menschenansammlungen auftreten können, in Betracht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Verbot oder die Beschränkung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. Die Polizeipräsidien stehen den Kreispolizeibehörden hierbei beratend zur Seite und unterstützen bei der Erstellung der erforderlichen Gefahrenprognose.
„Mit der Waffen- und Messerverbotszone gehen wir frühzeitig gegen die leider auch bei uns zunehmenden Fälle mit Waffengewalt vor“, erklärte der Mannheimer Sicherheitsdezernent Dr. Volker Proffen. „Wir wollen den negativen Trend aufhalten, bevor sich die objektive und subjektive Sicherheitslage in unserer Stadt spürbar verschlechtert. Denn jedes Messer und jede Waffe, die nicht mitgeführt wird, verhindert schwere Straftaten und schützt so andere Menschen.“
Personelle Stärkung des Polizeipräsidiums Mannheim
Im Jahr 2016 startete die Polizei Baden-Württemberg die größte Einstellungsoffensive in der Geschichte der Landespolizei. „Seither ist es uns gelungen, mehr als 11.000 junge Menschen für einen Eintritt in die Ausbildung des mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienstes zu gewinnen. Dies führt dazu, dass die jährlichen Personalzugänge im Polizeivollzugsdienst trotz der noch anhaltenden hohen Pensionierungswelle die Abgänge landesweit mittlerweile wieder übersteigen. Aus den hohen Einstellungszahlen seit 2016 resultiert in den kommenden Jahren sukzessive eine personelle Verstärkung aller Polizeidienststellen und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst im Land. Jede einzelne dieser Neueinstellungen stärkt die Polizei und sorgt für mehr Sicherheit im Land. Die Einstellungsoffensive werden wir überdies weiter ambitioniert fortgesetzt“, erklärte Innenminister Thomas Strobl. Damit wurde mittlerweile eine Trendumkehr bei der Entwicklung der landesweiten Personalstärke geschafft, wenngleich durch die derzeit noch hohen Personalabgänge und die zusätzlichen Aufgaben eine spürbare Verstärkung aktuell noch nicht in allen Bereichen der Landespolizei vor Ort wahrnehmbar ist.
Das Polizeipräsidium Mannheim werden bis 2026 mit 47 zusätzlichen Stellen für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte verstärkt.
Daneben werden Kräfte des Polizeipräsidiums Einsatz regelmäßig zur Verfügung stehen und die Präsenz der Polizei in Mannheim verstärken.
Weitere Maßnahmen der Stadt Mannheim
Neben der Waffen- und Messerverbotszone und der Fortführung des Intelligenten Videoschutzes hat die Stadt Mannheim weitere Maßnahmen getroffen, um die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu erhöhen: Im FutuRaum-Container am Plankenkopf ist an den besucherstarken Adventswochenenden freitags und samstags von 14 bis 21 Uhr der städtische Fachbereich Sicherheit und Ordnung vor Ort. „Die erfahrenen Mitarbeiter unseres städtischen Ordnungsdiensts stehen als Ansprechpartner für alle Fragen und Anregungen rund um das Thema ‚Sicherheit‘ bereit“, erklärt Oberbürgermeister Specht. „Außerdem erkundigen wir uns in einer Online-Umfrage bei den Passanten gezielt nach ihrer persönlichen Einschätzung der Sicherheit und Sauberkeit in der Innenstadt. So wollen wir aus erster Hand mehr über das aktuelle Sicherheitsgefühl und die Sicherheitsbedürfnisse Mannheimer Bürger und auswärtiger Besucher erfahren.“ Ergänzt wird die Präsenz im FutuRaum-Container durch gezielte Streifen und Kontrollmaßnahmen des städtischen Ordnungsdiensts in zivil und in Uniform.
Wachsames und konsequentes Vorgehen bei Versammlungen
Die aktuellen Geschehnisse im Nahost-Konflikt haben auch Auswirkungen auf das Versammlungsgeschehen in Baden-Württemberg. Alle Versammlungen in diesem Zusammenhang in Baden-Württemberg verliefen bislang weitestgehend friedlich und störungsfrei. Dennoch kam es auch bei den Versammlungslagen in Mannheim immer wieder zu Straftaten, insbesondere zu Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen. Hierzu sagte der Innenminister Thomas Strobl: „Wir dulden nicht, dass sich antisemitischer Hass und Fanatismus auf unseren Straßen entladen. Hiergegen gehen wir gemeinsam, behördenübergreifend vor und beweisen Einigkeit und Stärke für ein angstfreies und friedliches Leben von Jüdinnen und Juden in unserem Land.“
Bislang gab es in Mannheim 17 Versammlungen mit Bezug zum Nahost-Konflikt. Darunter waren fünf pro-israelisch und zehn pro-palästinensisch, während zwei Versammlungen – orientiert an ihrer thematischen Ausrichtung – nicht zweifelsfrei zugeordnet werden können. Zwei der angemeldeten Versammlungen wurden im Oktober 2023 im Stadtgebiet Mannheim durch die Versammlungsbehörde untersagt.
„Mein herzlicher Dank gilt allen Polizeibeamtinnen und -beamten, die insgesamt schon viele tausend Stunden für den wichtigen Schutz rechtmäßiger Demonstrationen und die Durchsetzung von Versammlungsverboten im Einsatz waren“, lobte Oberbürgermeister Specht und betonte: „Obwohl in Mannheim durch seine Funktion als überregionales Zentrum besonders viele Kundgebungen stattfinden, ist die Stimmung bei uns im Vergleich zu vielen anderen Städten bisher überwiegend friedlich. Damit das so bleibt, setze ich auch weiterhin auf den direkten und vertrauensvollen Dialog mit unseren jüdischen, muslimischen und christlichen Gemeinden.
Anlässlich von Versammlungen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt waren bislang insgesamt rund 1.600 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte – davon etwa die Hälfte des Polizeipräsidiums Einsatz – in Mannheim im Einsatz. Erst am vergangenen Wochenende unterstützen wieder knapp 200 Polizistinnen und Polizisten der Bereitschaftspolizei das Polizeipräsidium Mannheim im Zuge des Demonstrationsgeschehens. Auch in Zukunft wird das Polizeipräsidium Einsatz die Polizei in Mannheim bei der Bewältigung von Einsatz- bzw. Versammlungslagen lageorientiert unterstützen.
„Im Schulterschluss mit der Stadt Mannheim werden wir mit diesen gebündelten Maßnahmen für noch mehr Sicherheit in Mannheim sorgen“, so Innenminister Thomas Strobl abschließend.