Innenminister Reinhold Gall stellte die Jahresberichte 2013 des Landeskriminalamtes vor. Besorgniserregend sei der Anstieg bei den Straftaten zum Nachteil älterer Menschen wie zum Beispiel beim Enkeltrick.
„Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität wird in Baden-Württemberg seit vielen Jahren mit hohem Aufwand betrieben“, resümierte Innenminister Reinhold Gall anlässlich der Veröffentlichung der Jahresberichte 2013 des Landeskriminalamtes. Im vergangenen Jahr sei ein leichter Rückgang auf 36 (2012: 40) Ermittlungsverfahren zu verzeichnen gewesen. Die Anzahl bewege sich aber im Vergleich der letzten Jahre in der üblichen Größenordnung von 35 bis 40 Verfahren. „Die erhöhte durchschnittliche Verfahrensdauer und der erhöhte durchschnittliche Personalansatz pro Ermittlungsverfahren belegen die Komplexität der Ermittlungen im Bereich der Organisierten Kriminalität“, fasste Innenminister Gall das Ergebnis zusammen.
Organisierte Kriminalität sei weiterhin von der Vielfalt der involvierten Gruppierungen geprägt. Neben deutschen Gruppierungen seien vorwiegend türkische, italienische, litauische und russische Gruppierungen festgestellt worden. Um die bislang einzeln nach Nationalitäten betrachteten osteuropäischen Gruppierungen zielgerichteter bekämpfen zu können, werde seit Anfang des Jahres die russisch-eurasische Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt ganzheitlich beleuchtet. Schon seit Jahren stehe die Bekämpfung der italienischen Organisierten Kriminalität im Fokus, zu der im vergangenen Jahr in fünf Ermittlungskomplexen Bezüge festgestellt worden seien. Zur Verbesserung des Hinweisaufkommens habe das Landeskriminalamt im April ein Hinweistelefon (0711-5401-2446) eingerichtet, an dem zu den Bürozeiten ein italienischsprachiger Beamte Hinweise entgegen nehme.
Um in diesem Bereich auch künftig mit dem notwendigen langen Atem ermitteln zu können, seien im Rahmen der Polizeireform bei allen regionalen Polizeipräsidien Kriminalinspektionen 4 zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität und der Organisierten Kriminalität eingerichtet worden. „Mit dieser flächendeckenden Organisationstruktur zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität haben wir uns optimal aufgestellt“, unterstrich Innenminister Gall.
„Obwohl sich die Anzahl der Delikte in der Wirtschaftskriminalität seit 2009 fast halbiert hat, bleibt die Schadenssumme auf hohem Niveau“, stellte Reinhold Gall fest. So sei zum fünften Mal in Folge ein deutlicher Rückgang der Fallzahlen auf nunmehr 8.445 (2012: 10.339) Fälle und im Vergleich zum Vorjahr auch der Schadenssumme auf rund 508 Millionen (2012: 638 Millionen) Euro zu verzeichnen gewesen. Trotz dieses günstigen Trends liege die Schadenssumme bei der Wirtschaftskriminalität immer noch auf Höhe des Jahres 2009 und habe weiter einen Anteil von fast 60 Prozent an der Gesamtschadenssumme der Kriminalität in Baden-Württemberg. Auch in diesem Bereich sei die Polizeistruktur optimiert worden. Denn die Bearbeitung von herausragenden Fällen der Wirtschaftskriminalität erfolge künftig in einer spezialisierten Abteilung beim Landeskriminalamt mit Standorten in Karlsruhe und Stuttgart.
Besorgniserregend sei der Anstieg bei den Straftaten zum Nachteil älterer Menschen. Bei den Enkeltrickbetrügereien sei ein weiterer Anstieg auf 726 (2012: 558) Fälle zu verzeichnen gewesen. Erstmals könne auch der Bereich der Schockanrufe gesondert dargestellt werden. So sei in 489 Fällen versucht worden, beispielweise mit der Schilderung vorgetäuschter Unglücksfälle, von arglosen Opfern am Telefon Geld zu erpressen. „Erfreulich ist, dass weit über drei Viertel aller Taten im Versuchsstadium stecken bleiben. Das zeigt, dass unsere Präventionskonzepte greifen“, stellte Innenminister Gall fest.
Seit 2010 werde auch der Bereich des Lotteriebetruges gesondert betrachtet. 2013 seien 1.130 Fälle mit einem Gesamtschaden von über 730.000 Euro verzeichnet worden. Beim Lotteriebetrug riefen die Täter ihre Opfer an und teilten ihnen mit, Gewinner in einer Lotterie zu sein. Sie versprächen einen wertvollen Sach- oder hohen Geldgewinn. Um den Gewinn auszahlen zu können, müssten zunächst anfallende Aufwendungen und Gebühren per Vorkasse bezahlt werden. Alternativ würden von den Tätern auch Kontodaten beim Opfer abgefragt, um die Kosten oder Gebühren im Lastschriftverfahren einziehen zu können.
Der Bargeldtransfer werde häufig über Western Union abgewickelt. Um die Seriosität der Gewinnmitteilung zu unterstreichen, werde dem „Gewinner“ eine Rückrufnummer mitgeteilt – meist mit der Ländervorwahl 0090 für die Türkei, aber auch vermehrt mit vermeintlich deutschen Vorwahlkennungen. „Auch Rückrufe können kostenpflichtig sein und schnell zu hohen Gebühren führen. Ratsam kann es deshalb sein, Verbindungen ins Ausland oder zu teuren Servicerufnummern direkt beim Telefonanbieter zu sperren“, rät Innenminister Gall.
„Die Fallzahlen bei der Korruption bewegten sich mit 163 Fällen etwa auf dem Niveau des Vorjahres (2012: 172 Fälle). In diesem Feld setzen wir weiter auf das gut angenommene anonyme Hinweisaufnahmesystem“, betonte der Minister. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität und der Korruption seien im Berichtszeitraum 190 Hinweise eingegangen, von denen 177 sachdienlich gewesen seien. Insgesamt hätten 112 Ermittlungsverfahren initiiert werden können, davon 70 im Bereich der Wirtschaftskriminalität und 18 im Bereich der Korruption.
Korruption und Wirtschaftskriminalität liefen oft im Verborgenen ab und würden nur selten aufgedeckt, weil sich die Tatbeteiligten als „Geber“ und „Nehmer“ in einer nachhaltig angelegten „Win-Win-Beziehung“ befinden, sich gemeinsam moralisch und strafrechtlich verstricken und daher auch vereint alles unternehmen, um die Geheimhaltung zu sichern.
Weitere Informationen
Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes: Präventionshinweise zur Wirtschaftskriminalität und Betrugsthemen, wie dem „Enkeltrickbetrug“ und dem Phänomen „Gewinnversprechen“
Innenministerium Baden-Württemberg: Jahresberichte des Landeskriminalamts