Trotz starker Belastung durch andere Aufgaben bearbeitet die Polizei Baden-Württemberg auch weiterhin mit Nachdruck klassische Deliktsfelder wie die Bekämpfung der Drogenkriminalität. „Durch intensive Ermittlungen gelingt es, das ausgeprägte Dunkelfeld bei Rauschgiftdelikten aufzuhellen, Strukturen nachhaltig zu zerschlagen und beginnende Drogenkarrieren durch präventive Ansätze abzuwenden“, sagte Innenminister Reinhold Gall am Mittwoch, 3. Februar 2016, bei der Vorstellung der Jahresbilanz für die Rauschgiftkriminalität. 2015 habe die Zahl der Drogentoten mit 142 (137*) etwas über dem Niveau des Vorjahres gelegen. Im langjährigen Vergleich gab es einen deutlichen Rückgang: Vor fünf Jahren hatte es noch 168, im Jahr 2000 sogar noch 287 Drogentote gegeben.
Unter den 142 Drogenopfern waren 126 (121**) Männer und 16 (16) Frauen. Das Durchschnittsalter lag mit 37,2 (36,3) Jahren um fast ein Jahr höher als im Vorjahr, überwiegend handelte es sich bei den Verstorbenen um Erwachsene. Unter den erfassten Todesopfern befanden sich keine Kinder und Jugendlichen. Die Zahl der Rauschgifttoten mit ausländischer Staatsangehörigkeit liegt mit 20 (22) unterhalb des Vorjahreswertes. Bei der Gruppe der Spätaussiedler konnte erneut ein Rückgang der Todesfälle von 27 auf 22 registriert werden. Wie im Vorjahr dominierten dort weiterhin Personen aus Kasachstan mit zehn (11) Opfern.
Trotz immer neuer Substanzen und wechselnder Trends stelle der oft langjährige Konsum von Heroin nach wie vor die häufigste Todesursache dar, berichtete Minister Gall. Dennoch dürfe man sich weder bei der Strafverfolgung noch bei der Prävention nur auf eine Drogenart konzentrieren. Auch der Konsum von Cannabis könne ein Schritt in eine „Drogenkarriere“ sein, die letztlich im multiplen Konsum unterschiedlicher Drogenarten ihr Ende finden könne.
Darüber hinaus gehe auch von nicht verbotenen Rauschmitteln, die vermeintlich als harmlos angesehen würden, eine erhebliche Gesundheitsgefahr aus. So seien am Konsum von sogenannten „Legal Highs“ 2015 vier Personen verstorben. Dies waren erfreulicherweise weniger als im Vorjahr, gleichwohl ereigneten sich immer wieder medizinische Notfälle nach dem Konsum dieser „neuen psychoaktiven Stoffe (npS)“ – ein treffender Begriff für die vielfach verharmlosende Darstellung der synthetischen Designerdrogen.
Als nach wie vor nicht zufriedenstellend bezeichnete der Minister die Rechtslage bei der Strafverfolgung der npS. Nach der Sicherstellung solcher Produkte seien umfangreiche Laboruntersuchungen notwendig, um festzustellen, ob die einzelnen Stoffe überhaupt vom Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erfasst sind. Sobald Stoffe dem Regelungsinhalt des BtMG unterstellt werden, erfolge von kriminellen Produzenten in Windeseile die Weiterentwicklung von Ausweichstoffen. Als positives Signal wertete der Innenminister das geplante und in Abstimmung befindliche „Neue psychoaktive Stoffe Gesetz“, das auf dem Grundgedanken der Stoffgruppenunterstellung aufbaue.
Neben den teilweise umfangreichen und langwierigen Ermittlungsverfahren zur Identifizierung von Hintermännern setze die Polizei stark auf Prävention, um die Bürgerinnen und Bürger verschiedener Altersgruppen aufzuklären. Ziel sei es, junge Menschen über die mit dem Konsum entstehenden Gefahren aufzuklären und Konsequenzen aufzuzeigen, betonte Minister Gall. So zeige sich immer wieder, dass junge Menschen durch falsche Informationen über die konsumierten Stoffe ein fehlendes Unrechts- und vor allem Gefahrenbewusstsein hätten.
„Die Präventionsarbeit im Land ist vorbildlich“, zeigte sich der Minister stolz. Gerade im Bereich der Betäubungsmittel beteilige sich die Polizei als zuverlässiger Partner in den Kommunen, den Schulen und Sozialeinrichtungen. Die Strukturen seien über Jahre gewachsen und hätten sich bewährt. Dabei stünden Präventionsmedien, beispielsweise die vom Innenministerium herausgegebene Informationsbroschüre „Risiko Drogen“, allen Partnern zur Verfügung. Auch im Rahmen des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) sei unter Federführung von Baden-Württemberg der Internetauftritt www.polizeifürdich.de speziell für Kinder und Jugendliche Ende 2015 online gegangen. Dort werde altersentsprechend auch zur Drogenthematik aufgeklärt. Die Homepage der Polizei Baden-Württemberg (www.polizei-bw.de) halte darüber hinaus wertvolle Tipps und Medien zu verschiedenen Themen zum Download bereit.
Die meisten Drogentoten im Jahr 2015 gab es in der Landeshauptstadt Stuttgart (13), im Rhein-Neckar-Kreis (10) und in den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen mit jeweils acht Drogentoten. Rückgänge waren im Stadtkreis Mannheim (von elf auf sechs Opfer), im Stadtkreis Heilbronn (von sieben auf vier Opfer) und im Landkreis Tübingen (von vier auf ein Opfer) zu verzeichnen. Dagegen wurde im Landkreis Konstanz ein Anstieg von einem auf sieben Opfer registriert. In den Landkreisen Schwäbisch Hall, Heidenheim, Enzkreis, Tuttlingen, Zollernalbkreis und Bodenseekreis hat es keine Rauschgift-Todesfälle gegeben.
* Inkl. Nachmeldungen bis zum 31.01.2015
** Die fortlaufenden Klammerwerte beziehen sich auf das Jahr 2014