Damit kriminelle Karrieren erst gar nicht entstehen oder mit aller Konsequenz frühestmöglich im Keim erstickt werden können wurde das Programm zum Umgang mit „Besonders auffälligen jungen Straftäterinnen und Straftätern“ (BajuS) neu konzipiert. Der Ministerrat hat diese Umsetzung nun beschlossen.
„Kinder und Jugendliche, die regelmäßig und teilweise schwere Straftaten begehen, stellen für unsere Gesellschaft eine große Herausforderung dar. Wichtig ist deshalb: Wir müssen Fehlentwicklungen früh erkennen und mit vereinten Kräften Maßnahmen ergreifen, um sie vor einer kriminellen Karriere zu bewahren und ihnen die Chance auf eine gute Zukunft zu geben. Unser neues Programm zum Umgang mit ‚Besonders auffälligen jungen Straftäterinnen und Straftätern – kurz ‚BajuS‘ – setzt genau da an: Damit können wir früher und gezielter auf strafrechtlich auffälliges Verhalten reagieren. Ganz wichtig ist in dem Zusammenhang, dass wir gemeinsam mit den Jugendämtern und den Staatsanwaltschaften die richtige Mischung aus präventiven und repressiven Maßnahmen finden. Nur so können wir bei den Kindern und Jugendlichen negative Entwicklungen aufbrechen und eine bestmögliche und positive Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig stärken“, so der Stv. Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl nach dem Beschluss des Ministerrats zur Umsetzung der Neukonzeption zum Umgang mit „Besonders auffälligen jungen Straftäterinnen und Straftätern“ (BajuS).
„BajuS“ ist die Weiterentwicklung des bisherigen Initiativprogramms „Jugendliche Intensivtäter (JugIT)“, das im August 1999 unter Beteiligung von Polizei, Jugendämtern und Justiz entwickelt und seither landesweit umgesetzt wurde. Nach über 20 Jahren Praxiserfahrung wurden die bestehenden Regelungen nun seit Frühjahr 2022 durch eine beim Innenministerium eingerichtete Arbeitsgruppe untersucht und konzeptionell neu aufgestellt.
Qualität statt Quantität
So wird sich künftig die Bewertung des delinquenten Handelns primär an qualitativen Parametern der Straftat orientieren und weniger an der Anzahl der begangenen Delikte. Hierfür werden Faktoren wie beispielsweise die Verletzung der Opfer, das verwendete Tatmittel oder das Alter gewichtend berücksichtigt. Dadurch rücken Kinder und Jugendliche früher in den Fokus, deren Verhalten von Anbeginn eher im Bereich der Gewaltkriminalität bewegt.
Justizministerin Marion Gentges: „Der Wechsel von quantitativer zu qualitativer Betrachtungsweise ist richtig. Eine einfache Körperverletzung und ein versuchtes Tötungsdelikt können nicht über einen Kamm geschoren werden. Darüber hinaus legt die Konzeption in ihrer Neufassung einen Fokus auf sogenannte ‚Schwellentäter‘. Das sind Jugendliche, bei denen das Risiko, dauerhaft in die Straffälligkeit abzugleiten, zu Tage tritt, die aber bei Zugrundelegung der alten, quantitativen Kriterien nicht als Intensivtäter einzustufen waren. Sie werden künftig stärker in den Blick genommen, um ihnen rechtzeitig mit zielgerichteten Maßnahmen den Weg zurück in ein straffreies Leben zu ermöglichen.“
Gelb, orange, rot
Durch die qualitativen Bewertungsparameter werden potentielle „BajuS“ künftig im Rahmen einer Einzelfallprüfung in eine der drei Kategorien (Gelb, Orange oder Rot) zugeordnet:
Die Kategorie Gelb bildet sogenannte Schwellentäterinnen und -täter ab, deren Handeln schon nicht mehr nur episodenhaft ist, sich aber auch noch nicht als „kriminelle Karriere“ verfestigt hat. Die Kategorie Orange ist angelehnt an die bisherige Bewertungspraxis möglicher jugendliche Intensivtäterinnen und Intensivtäter. Die Kategorie Rot umfasst Kinder und Jugendliche, die überwiegend schwere Straftaten begehen und Hilfemaßnahmen sowie Erziehungshilfen ablehnen.
„Kinder und Jugendliche haben noch ihr ganzes Leben vor sich. Es ist deshalb umso wichtiger, frühzeitig passende Hilfe zu leisten, wenn diese in die Kriminalität abzurutschen drohen“, sagte Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha. „Wir müssen zudem an den Ursachen ansetzen und dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche zu selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Persönlichkeiten heranwachsen, die eine Zukunft in unserer Gesellschaft haben.“
Mit vereinten Kräften gegen kriminelle Karrieren
„Anhand der neuen, aufeinander aufbauenden Kategorien können wir die Kinder und Jugendlichen, bei denen es ganz entscheidend darauf ankommt gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft und dem Jugendamt alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, landesweit einheitlich und früher in den Fokus nehmen. Zugleich verstärken wir die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis aller Akteure in diesem Bereich und arbeiten mit vereinten Kräften. Unser Ziel ist klar: Wir wollen kriminelle Karrieren erst gar nicht entstehen lassen oder sie mit aller Konsequenz frühestmöglich im Keim ersticken“, erklärte Innenminister Thomas Strobl.
Hinweis:
Den Sicherheitsbericht zur Kriminalitätsentwicklung in Baden-Württemberg 2022 finden Sie hier.