Wissensschutz

Wirtschaftsschutz

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Behandschuhte Hand mit vertraulicher CD an einem Laptop. Quelle: Fotolia.

Staatlich gesteuerte Spionage geht immer noch in erster Linie von Ländern Osteuropas, des Nahen und Mittleren Ostens und Asiens aus. Speziell die Nachrichtendienste Chinas und der Russischen Föderation sind in der Auslandsaufklärung besonders aktiv.

Die Ausspähungsschwerpunkte unterliegen einem stetigen Wandel: Wirtschaft und Wissenschaft bilden gegenwärtig in Baden-Württemberg die Hauptziele der Spionage. Die Spionageabwehr des Landesamts für Verfassungsschutz ist darüber hinaus eng in die gesamtstaatlichen Anstrengungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation) eingebunden. Bei der Bekämpfung solcher Aktivitäten geht es neben der Identifizierung und der juristischen Verfolgung der Urheber auch um die Sensibilisierung aktueller und potenzieller Geschäftspartner in Baden-Württemberg.

Bei der Abwehrarbeit stehen die Verdachtsfallbearbeitung, die Führung von Gegenoperationen (GOP: Überwerbung von erkannten Agenten eines fremden Nachrichtendienstes und Fortführung der nachrichtendienstlichen Verbindung mit dem Ziel der Informationsgewinnung über Absichten, Strukturen und Methoden des angreifenden Dienstes) und die Beobachtung von Legalresidenturen (abgetarnte Stützpunkte fremder Nachrichtendienste in den offiziellen Vertretungen des Auftraggebers im Operationsgebiet - besonders Botschaften, Konsulate, Handelsvertretungen) im Vordergrund. Die methodische Auswertung der Informationen zu Spionageaktivitäten fremder Nachrichtendienste verfolgt das Ziel, Erkenntnisse über den jeweiligen Dienst und seine Vorgehensweisen zu gewinnen und die Bearbeitungsergebnisse - repressiv und präventiv - umzusetzen.

Die Aktivitäten fremder Geheimdienste bei der Überwachung von im Exil lebenden Oppositionellen sind ebenfalls Gegenstand der Spionageabwehr.

Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage

Angesichts eines zunehmenden internationalen Konkurrenzkampfes gibt es eine Reihe von Staaten, die nachweislich oder mutmaßlich ihre Volkswirtschaft auch unter Einsatz ihrer Nachrichtendienste optimieren. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass in Baden-Württemberg, der Region mit der höchsten Innovationskraft innerhalb der Europäischen Union, die Wirtschaftsspionage schon seit Jahren im Mittelpunkt der Abwehrarbeit steht. Spionage-Opfer sind neben Großunternehmen auch innovative kleine und mittelständische Betriebe. Lohnende Ziele sind dabei Hoch- und Querschnittstechnologien wie etwa Computersimulation, Satellitentechnik, Verbundwerkstoffe, computergesteuerte Fertigung, Gentechnik und erneuerbare Energien. Aber auch der Dienstleistungssektor und der Handel sind Spionageziele, um Angebotsspektren und Verkaufsstrategien auszuspähen und Zugänge zu Bereichen zu bekommen, in denen ausspähungsträchtige Themen erforscht beziehungsweise bearbeitet werden.

Nach wie vor kommen klassische Spionagemethoden wie der Einsatz von Agenten oder die Anwerbung und Einschleusung von Mitarbeitern zur Anwendung. Informationen werden aber auch durch Gastwissenschaftler und -studenten, über Diplomanden und Praktikanten, bei Messebesuchen sowie durch die Entwendung von Computern und Notebooks gewonnen. Spionage durch technische Mittel - wie Hacking-Angriffe auf Systeme der Information und Kommunikation - hinterlässt kaum Spuren und kann daher nur schwer bewiesen werden.

Daneben bemühen sich Geheimdienste proliferationsrelevanter Länder (zum Beispiel Iran, Nordkorea, Pakistan und Syrien) um die Beschaffung von Rüstungsgütern, Technologien zur Herstellung von Waffen und von Produkten, die sowohl zivile als auch militärische Verwendung ("Dual-Use-Güter") finden können.

Im Auftrag des Sicherheitsforums Baden-Württemberg hat das Ferdinand-Steinbeis-Institut Stuttgart gemeinsam mit Experten der School of Governance, Risk & Compliance der Steinbeis-Hochschule Berlin die „SiFo-Studie 2009/10 - Know-how-Schutz in Baden-Württemberg“ erarbeitet. Eine Fallauswertung bei rund 250 baden-württembergischen Unternehmen im Jahr 2009 ergab, dass jedes sechste Unternehmen mindestens einen Fall von Verrat oder der Ausspähung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu verzeichnen hatte. Bei den forschungsintensiven Unternehmen war sogar mehr als jedes vierte betroffen. Die daraus folgenden finanziellen Verluste wurden mit 10.000 bis über zwei Millionen Euro je Vorfall angegeben. Forschungsintensive Unternehmen waren mit einem Durchschnittsschaden von rund 260.000 Euro pro Fall in besonderer Weise betroffen. Die SiFo-Studie sowie Handlungsempfehlungen für Unternehmen können im Internetangebot des Sicherheitsforums abgerufen werden.

Prävention

Die Spionageabwehr des Landesamts für Verfassungsschutz bietet qualifizierte Beratung für individuelle Schutzkonzepte an. Umgekehrt ist sie auf Hinweise aus Wirtschaft und Forschung auf vermutete oder festgestellte Spionage-Angriffe angewiesen. Schäden durch Spionage können Unternehmen existenziell bedrohen. Deshalb hat sich die Landesregierung die Bekämpfung der Wirtschaftsspionage zu einer besonderen Aufgabe gemacht. Dazu wurde auch das "Sicherheitsforum Baden-Württemberg - die Wirtschaft schützt ihr Wissen" gegründet. Mitglieder sind neben dem Innenministerium sowie dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, dem Landesamt für Verfassungsschutz, dem Landeskriminalamt, Verbänden und Kammern auch Firmen und Forschungseinrichtungen. Das Forum will die Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft verbessern, für die Spionage-Gefahren sensibilisieren und über Sicherheitsmaßnahmen informieren. Auf der Homepage des Sicherheitsforums gibt es Informationen und Links auch zu anderen Organisationen, welche ebenfalls die Bekämpfung der Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage zum Ziel haben.