Die Luftrettung hat gegenüber dem bodengebundenen Rettungsdienst eine wichtige Ergänzungsfunktion. Aufgaben der Luftrettung in der Primärrettung sind die schnelle Zuführung von Notarzt, Notfallsanitäter / Notfallsanitäterin und medizinischer Ausrüstung an die Notfallstelle sowie der schnelle und schonende Transport des Notfallpatienten in das aufgrund seiner Erkrankung oder Verletzung geeignete nächstgelegene Krankenhaus. Ein Rettungshubschrauber (RTH) soll zum Einsatz kommen, wenn er den Notfallort als erstes notarztbesetztes Rettungsmittel erreicht, ein Lufttransport medizinisch erforderlich ist oder der Lufttransport zur Einhaltung des empfohlenen Zeitintervalls bis zur Aufnahme des Patienten in die für ihn geeignete Klinik erforderlich ist. Ein Schwerpunkt bei Einsätzen von RTH liegt bei der Versorgung von internistischen Notfällen und von Verletzten bei Verkehrsunfällen.
In der Sekundärrettung ist die Funktion der Luftrettung die Verlegung intensivüberwachungs- und behandlungspflichtiger Patienten, bei denen Notarzt und Notfallsanitäter / Notfallsanitäterin mit besonderer intensivmedizinischer Qualifikation sowie ein geeignetes Rettungsmittel erforderlich sind. Die Sekundärrettung wird in Baden-Württemberg durch Intensivtransporthubschrauber (ITH) wahrgenommen. Da der Patient bereits medizinisch versorgt ist, sind Sekundärtransporte nicht hilfsfristgebunden.
Luftrettungsstandorte
Die Luftrettung mit Rettungstransporthubschraubern sowie Intensivtransporthubschraubern wird derzeit durch die ADAC Luftrettung und die DRF Luftrettung in Baden-Württemberg sichergestellt.
Um die Luftrettung noch weiter zu optimieren, werden auf Grundlage der Struktur- und Bedarfsanalyse des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement zwei neue Standorte ergänzt (Lahr und Bereich Ravenstein) und bestehende Standorte teilweise verlegt.
Struktur- und Bedarfsanalyse des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement (PDF)
Die neuen Standorte der Luftrettung wurden am17.11.2022 im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen bekanntgegeben:
- Lahr (Ortenaukreis)
- Ravenstein (Neckar-Odenwald-Kreis)
- Villingen-Schwenningen
- Ulm
- Tübingen
- Karlsruhe
- Deggenhausertal-Wittenhofen
- Pattonville
- Mannheim
- Freiburg
Jeder der zehn Rettungshubschrauber deckt nun im Durchschnitt 3.575 km2 der Landesfläche Baden-Württembergs ab. Damit besitzt Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich fortan die beste Versorgungsdichte aller Bundesländer. Für die Menschen im Land wird hierdurch eine noch schnellere Luftrettung erreicht.
Die Standortentscheidungen basieren auf dem Ergebnis intensiver und umfassender Prüfungen der Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen zur Machbarkeit einzelner auf Grundlage des Gutachtens in Aussicht genommener Standorte. Dabei wurden neben topographischer Geeignetheit, Umweltverträglichkeitsprüfung und Lärmschutzprüfung auch einsatztaktische Aspekte in den Blick genommen.
Die Planungen an den neuen Standorten beginnen nun und die luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen können eingeholt werden. Danach werden die Standorte ausgeschrieben und der Bau der Stationen vorangetrieben.
Ausführliche Antworten und ergänzende Informationen zu den Änderungen bei der Luftrettung finden Sie hier:
Die baden-württembergische Luftrettungsstruktur ist seit den 1970er Jahren historisch gewachsen. Aus diesem Grund hat das Land Baden-Württemberg in den Jahren 2018 bis 2020 erstmals eine fachwissenschaftliche Untersuchung der Versorgungstrukturen durch das renommierte Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Universität München durchführen lassen. Ziel war und ist es, eine zukunftsweisende, flächendeckende und speziell auf die Bedürfnisse der Bevölkerung von Baden-Württemberg zugeschnittene Luftrettungsarchitektur zu errichten. Dabei geht es um die Sicherstellung der Luftrettungsversorgung für jede einzelne Notfallpatientin und jeden einzelnen Notfallpatienten an jedem Ort in Baden-Württemberg und damit um die bessere Versorgung aller Menschen in unserem Land.
Der im Juli 2020 veröffentlichte Abschlussbericht des vom Innenministerium mit der Struktur- und Bedarfsanalyse der Luftrettung in Baden-Württemberg beauftragten renommierten Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Universität München enthält mehrere fachliche Empfehlungen für die Optimierung der Luftrettungslandschaft.
Die Empfehlungen für die Luftrettung in Baden-Württemberg sehen vor tagsüber zehn anstelle von bislang acht Luftrettungsmittel zu besetzen.
Darüber hinaus beinhaltet der Abschlussbericht die Empfehlung zur Verlegung von drei RTH-Standorten, um eine möglichst schnelle und bedarfsgerechte Erreichbarkeit der Notfallorte sicherzustellen. Im Einzelnen münden die Empfehlungen in folgende Maßnahmen:
- Neuer Luftrettungsstandort im Bereich Ravenstein
Zur Schließung der festgestellten Versorgungslücke im nördlichen Baden-Württemberg, im Stadt- und Landkreis Heilbronn und in den Landkreisen Neckar-Odenwald, Hohenlohe und Schwäbisch-Hall wird ein zusätzliches Luftrettungsmittel im Bereich Ravenstein stationiert. - Neuer Luftrettungsstandort im Bereich Lahr
Zur Sicherstellung der flächendeckenden Luftrettungsversorgung im Bereich des Ortenaukreises sowie des nördlichen Schwarzwalds wird ein zusätzliches Luftrettungsmittel in Lahr stationiert. - Verlegung des RTH Christoph 41 von Leonberg nach Süden
Aufgrund festgestellter Versorgungslücken im Bereich der südlichen Schwäbischen Alb, in den Landkreisen Sigmaringen und Zollernalbkreis, wird der RTH Christoph 41 von Leonberg nach Tübingen verlegt. - Verlegung des RTH Christoph 45 von Friedrichshafen nach Norden
Zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Notfallorte in der nördlichen Bodenseeregion, insbesondere in den Landkreisen Sigmaringen und Biberach wird Christoph 45 nach Deggenhausertal-Wittenhofen verlegt. - Pattonville wird ein 24-Stunden-Standort für den RTH/ITH Christoph 51.
- Einzig die empfohlene Verlegung des RTH/ITH Christoph 54 von Freiburg nach Südosten lässt sich nicht realisieren, weil kein flugverkehrstaugliches Grundstück auf der vorgesehenen Achse Kirchzarten-Todtnau gefunden werden konnte. Hier soll es bei Freiburg bleiben. Eine Versorgungslücke entsteht hierdurch nicht, denn der südbadische Raum wird weiterhin von drei schweizerischen Luftrettungsmitteln versorgt.
Dem Land Baden-Württemberg geht es mit den Verlegungen um die Sicherstellung der Luftrettungsversorgung für jede einzelne Notfallpatientin und jeden einzelnen Notfallpatienten an jedem Ort in Baden-Württemberg und damit um die bessere Versorgung aller Menschen in unserem Land. So gibt es derzeit noch Orte, die tagsüber nicht innerhalb von 20 Minuten durch einen Rettungshubschrauber erreicht werden können. Durch die Verlegungen werden künftig alle Notfallpatientinnen und Notfallpatienten in diesen Landkreisen ebenso zeitgerecht erreicht. Die Verlegung bewirken ausdrücklich keine neuen Versorgungslücken etwa in Leonberg, Friedrichshafen oder anderswo in Baden-Württemberg.
Die Änderungen beruhen auf Empfehlungen des renommierten Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Universität München. Die Empfehlungen der Gutachter basieren ausschließlich auf fachlichen Zielparametern. Diese sind insbesondere die planerische Erreichbarkeit aller Notfallorte in Baden-Württemberg durch ein Luftrettungsmittel tagsüber innerhalb von 20 Minuten ab Alarmierung sowie die planerische Sicherstellung eines Prähospitalzeitintervalls bei schwer erkrankten oder schwer verletzten Personen mit einer sog. Tracer-Diagnose (einem Herzinfarkt, einem Polytrauma, einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma) von nicht länger als 60 Minuten.
Anspruch des Landes bei der Strukturplanung ist es, wissenschaftlich den Stand der Erkenntnis abzubilden. An Stelle einer verzerrenden Planung anhand abstrakter Einsatzradien oder Bevölkerungsschwerpunkte haben die Gutachter daher das tatsächliche Notfallgeschehen – also jeder einzelne luft- oder bodengebundene Notarzteinsatz – in einem Bezugszeitraum akribisch erfasst und ausgewertet sowie die sich ergebenden Änderungsnotwendigkeiten in ihren Auswirkungen mathematisch simuliert. Um die Datenmenge zu veranschaulichen: Es geht konkret um über 290.000 Notarzteinsätze sowie rund 14.000 Rettungshubschraubereinsätze in ganz Baden-Württemberg.
Durch Auswertung dieses real dokumentierten Notarzteinsatzaufkommens wurde sichergestellt, dass die vielfältigen und sehr heterogenen Einflussfaktoren, denen das System Luftrettung unterliegt, vollumfänglich in den Untersuchungen abgebildet wurden. Dies betrifft etwa die speziell für Baden-Württemberg jeweils zu fliegenden Distanzen in geeignete Zielkliniken, aber auch Duplizitätsfälle – also die Fälle, in denen Luftrettungsmittel deshalb alarmiert werden, weil der eigentlich naheliegende bodengebundene Notarzt bereits gebunden ist. Ferner ging durch dieses Vorgehen für alle Einsätze die gesamte Einsatzdauer bis zur Freimeldung bzw. Ankunft am Heimatstandort in die Auswertungen mit ein, sodass auch im Hinblick auf die Einsatzmittelverfügbarkeit nicht mit abstrakten Durchschnitts- oder Idealwerten gerechnet werden musste. Schließlich wurde durch diese Methodik gewährleistet, dass die durch Tourismus, Industrie und insbesondere auch Verkehr bedingten Notfälle in der jeweiligen Region vollständig in ihren tatsächlichen Auswirkungen mit abgedeckt sind.
Wichtig ist auch Folgendes: Die rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung ist schon immer primär durch die bodengebundene Notfallversorgung – Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeug – zu gewährleisten. Die Luftrettung kommt lediglich ergänzend zum Einsatz, wenn ein besonders schonender Transport oder die Zuführung in eine spezielle Zielklinik dies erfordert.
Die Sorge, die rettungsdienstliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger einer Region sei nach einer Verlegung eines Luftrettungsstandorts gefährdet, ist unbegründet. Es geht nicht um die Schließung von Versorgungslücken auf Kosten der Bewohner anderer Regionen, sondern um die bessere Versorgung aller Menschen im Land. Dieses Ziel erreichen wir, wenn wir die Empfehlungen des Gutachtens zur Luftrettung umsetzen. Umso unverständlicher ist es, wenn weiterhin zur Verunsicherung der Bevölkerung fachlich widerlegte Argumente gegen einzelne Verlegungsempfehlungen ins Feld geführt werden.
Das Luftrettungsgutachten wurde am 27. Juli 2020 allen Beteiligten in der Landesfeuerwehrschule Bruchsal ausführlich vorgestellt; es ist seitdem im Volltext auf der Internetseite des Innenministeriums abrufbar. Die fachliche Diskussion war immer möglich, und das Innenministerium hat sich dieser immer innerhalb und außerhalb der parlamentarischen Debatte gestellt. Die im Rahmen von Petitionen und Eingaben vorgebrachten Aspekte und Bedenken sind in fachlicher Hinsicht widerlegt. Vor der Entscheidung über die neuen Standorte führten die jeweils zuständigen Regierungspräsidien umfangreiche Prüfungen durch.
Vertreter des Innenministeriums haben gemeinsam mit den Gutachtern an einem öffentlichen Vor-Ort-Termin in Leonberg teilgenommen und sich vor Ort den Fragen der Bürgerinnen und Bürger gestellt. Dieser Termin entsprach dem Wunsch des Petitionsausschusses des Landtags von Baden-Württemberg.
Die Erstellung der vorliegenden Struktur- und Bedarfsanalyse hat einen Zeitraum von rund zwei Jahren in Anspruch genommen. Ein Gutachten dieser Komplexität erfordert notwendigerweise einen mehrjährigen Arbeitsprozess. Die im Gutachten verwendeten Daten aus dem Jahr 2018 sind eine aussagekräftige Datengrundlage. Denn das Jahr 2018 liegt vor dem Ausbruch der Coronapandemie. Die zur Verfügung stehenden Einsatzdaten aus 2020 und 2021 sind aufgrund der Coronapandemie verzerrt (zum Beispiel dadurch, dass sich weniger Verkehrsunfälle ereigneten). Sie sind nicht allgemein repräsentativ und würden bei ihrer Verwendung zu falschen Schlüssen führen.
Oft wurde die Forderung nach einem Zweitgutachten zu den Luftrettungsstandorten erhoben, was jedoch fachlich nicht überzeugt. Denn der Zeitraum von der Ausschreibung über die Vergabe eines Zweitgutachtens bis zur Aggregation der relevanten Daten in Zusammenarbeit mit der Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst Baden-Württemberg und der Entwicklung sowie schließlich Anwendung eines Simulationsmodells – wäre auch für die Beauftragung und Erstellung eines Zweitgutachtens erforderlich gewesen. Für den Fall, dass doch ein Zweitgutachten in Auftrag gegeben worden wäre, so hätte höchstens auf die Vorjahresdaten (2021) zurückgegriffen werden können. Diese Daten wären nach Fertigstellung eines etwaigen Zweitgutachtens – wie beim vorliegenden Gutachten – ebenfalls wieder rund drei Jahre „alt“; und zudem aufgrund der Coronapandemie eine „schlechtere“ Datengrundlage.
Die Sorge, die rettungsdienstliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger einer Region sei nach einer Verlegung eines Luftrettungsstandorts gefährdet, ist unbegründet. Rettungs- und Intensivtransporthubschrauber sind und bleiben überregional zu disponierende Rettungsmittel. Sie stehen nicht einem Landkreis, einer Gemeinde oder gar einem Krankenhaus zur Verfügung, sondern dienen der Patientenversorgung über die Grenzen der Rettungsdienstbereiche hinweg. Es geht daher um die bessere Versorgung aller Menschen im Land. Dieses Ziel wird erreicht, wenn die Empfehlungen des Gutachtens umgesetzt werden.
Die Empfehlungen der Gutachter bilden ein Gesamtsystem, mit dem im Ergebnis die Versorgung aller Menschen in Baden-Württemberg gleichberechtigt verbessert werden soll. Es besteht daher kein Grund Ängste zu schüren. Die im Rahmen von Petitionen und Eingaben vorgebrachten Aspekte und Bedenken sind in fachlicher Hinsicht widerlegt. Vor der Entscheidung über die neuen Standorte führten die jeweils zuständigen Regierungspräsidien umfangreiche Prüfungen durch.
Als Zielkliniken von Luftrettungseinsätzen sind zuvorderst die zur Versorgung von Tracer-Diagnosen (konkret: Herzinfarkt (STEMI), Schlaganfall (STROKE), Schweres Schädel-Hirn-Trauma (SHT III) und Polytrauma/Schwerverletzt) geeigneten großen Krankenhäuser relevant. Hier hat es seit Erstellung des Gutachtens keine durchgreifenden Änderungen gegeben. Darüber hinaus wurde die perspektivisch geplante Neuausrichtung von kleineren und mittleren Häusern im Einzelfall, soweit jeweils bekannt, in ihren Auswirkungen auf die Luftrettung bereits im Gutachten berücksichtigt. Hier ist etwa beispielhaft der Klinikneubau am Flugfeld Böblingen/Sindelfingen zu nennen.
Im Gutachten wurden die im Datenjahr angefallenen Sekundär- / Verlegungsflüge grundsätzlich mitbetrachtet und berechnet. Eine Simulation zu einer möglichen Steigerung dieser Flüge war mangels belastbarer Zahlen für eine Zukunftsprognose bewusst nicht beauftragt. Für das Land ist im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch entscheidend, ob eine Maschine am jeweiligen Standort ausgelastet sein wird. Nur dann, d.h. wenn ein angemessenes Einsatzaufkommen prognostiziert wird, lässt sich der Rettungshubschrauber für die privaten Konzessionsnehmer wirtschaftlich betreiben. Da dabei von einem über viele Jahrzehnte andauernden Betrieb auszugehen ist, fallen die einmaligen Investitionskosten hier weniger stark ins Gewicht. Das Gutachten hat die optimale Auslastung für alle empfohlenen Standorte mit ausreichend Zusatzkapazitäten auch für Sekundärflüge prognostiziert, d.h. jede Maschine hat einen "Auslastungspuffer", der es ermöglichen wird Einsatzsteigerungen - primär oder sekundär - abzufangen und bedienen zu können. Zudem sollen alle Rettungshubschrauber künftig im sogenannten "Dual-Use" sowohl Primärrettung als auch Verlegungen durchführen können, um hier größtmögliche Flexibilität zu bieten. Die Etablierung von Zusatzmaschinen würde dazu führen, dass die übrigen Maschinen weniger ausgelastet und damit unwirtschaftlicher würden – einschließlich einer unwirtschaftlichen Auslastung der hypothetischen Zusatzmaschine selbst.
Die Selbstverwaltung im Rettungsdienst hat sich seit mehreren Jahren mit der Einführung des sogenannten Voralarms beschäftigt. Dies ist eine von vielen möglichen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung des Rettungsdienstes und somit zur guten Versorgung der Patientinnen und Patienten. Das Innenministerium unterstützt dies daher ausdrücklich und wirkt auf eine beschleunigte Einführung hin. Das Land und die Selbstverwaltung im Rettungsdienst sind stetig bestrebt, die Zeitläufe in der Notfallrettung zu optimieren. Die Arbeitsgemeinschaft Grundsatzfragen im Rettungsdienst hat eine probeweise landesweite Einführung des Voralarms beschlossen.
Bei der Voralarmierung von Luftrettungsmitteln geht es inhaltlich zuvorderst um eine Präzisierung der Übermittlung der georeferenzierten Positionsdaten für die Rettungshubschrauber. Ein positiver Nebeneffekt ist darüber hinaus in den Fällen der Beteiligung mehrerer Leitstellen bei der Alarmierung – und nur in diesen Fällen – eine Verkürzung des Dispositionsvorgangs. Die Erfahrungen deuten in diesen Fällen auf eine Zeitersparnis von rund 90 Sekunden hin. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme zur Verkürzung der Zeitspanne bis zur Alarmierung. Auf das Alarm-bis-Ankunft-Zielkriterium der Gutachter hat der Voralarm jedoch keinen Einfluss, weil dieses die 20 Minuten ab Alarmierung (und nicht ab Notrufeingang) rechnet.
Der positive Effekt des Voralarms ist insgesamt willkommen, da er landesweit zu einer Verkürzung der Eintreffzeiten führen kann. Er darf jedoch in seiner Wirkung nicht so interpretiert werden, dass bezogen auf einzelne Luftrettungsstandorte die zur Veranschaulichung gezeichneten Deckungskreise um eine Flugzeit von 90 Sekunden verlängert und dadurch eine Verlegung einzelner Standorte obsolet werden würde. Die Menschen in den Gebieten mit bisher schwacher Luftrettungsabdeckung werden auch mit Voralarm bedeutend später versorgt als die Menschen in den Gebieten mit starker Luftrettungsabdeckung. Dieses Missverhältnis gilt es mit der neuen Luftrettungsstruktur auszugleichen. Dann kommt auch der Eintreffzeitgewinn des Voralarms allen Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg gleichermaßen zugute. Die empfohlene Neuverteilung der Rettungshubschrauberstandorte ist daher unbedingt in seiner Gesamtheit mit dem Ziel, für alle Patienten in Baden-Württemberg die gleichen guten Versorgungsbedingungen zu schaffen, zu betrachten.
Das Land möchte die Empfehlungen des Luftrettungsgutachtens umsetzen, also neue Luftrettungsstandorte bauen und einige Standorte verlegen, um dadurch eine bessere Versorgung für alle Notfälle im Land zu erreichen. Auf Basis des Gutachtens sind die Ergebnisse der Simulationen ausschlaggebend für die Standortwahl. Für die bessere Versorgung zum Beispiel des Zollernalbkreises spricht das Gutachten die Empfehlung aus, den Standort des Rettungshubschraubers Christoph 41 von Leonberg auf die Achse Tübingen-Reutlingen zu verlegen, um Notfallorte im weiter südlich gelegenen Landkreis Sigmaringen sowie im Zollernalbkreis innerhalb von 20 Minuten nach Alarmierung zu erreichen.
Würde man entgegen der Empfehlung des Luftrettungsgutachtes den Rettungshubschrauber im Zollernalbkreis selbst stationieren, so wäre zwar die Versorgung des Zollernalbkreises besser, aber die Versorgung der Gebiete, die auch vom Standort aus mitversorgt werden sollen, wäre es nicht, da die Flugzeiten zu lange wären.
Allein aus dieser Tatsache heraus, kann man die Notwendigkeit für einen zusätzlichen Standort im Zollernalbkreis zu Lasten der nördlichen Versorgungsgebiete nicht begründen. Luftrettungsstandorte müssen wirtschaftlich betreibbar sein, da sich sonst kaum ein Konzessionsnehmer zum Betrieb des Standortes findet und die Krankenkassen, und damit alle Bürgerinnen und Bürger, zu hohe Entgelte finanzieren müssten. Denn ein weiterer Luftrettungsstandort generiert nicht automatisch mehr Einsätze, sondern tritt mit den anderen Stationen in Konkurrenz und zieht so ein wirtschaftliches Ungleichgewicht nach sich.
Das Land hat sich nach intensiver Prüfung und Abwägung für den Standort an der BG Klinik entschieden. Die BG Kliniken in Deutschland sind im Wesentlichen spezialisiert auf die Primärversorgung von Schwerverletzten, die in aller Regel schonend durch die Luftrettung transportiert werden müssen. Die luftrettungsdienstliche Versorgung ist damit ausdrücklich auch für Wannweil bzw. Reutlingen gutachtengemäß gesichert.
Die Luftrettung konnte schon immer zur Hilfsfristerreichung mit beitragen, wenn sie als erstes Rettungsmittel den Einsatzort erreicht hat. Das ist keine neue Regelung, sondern war auch mit dem alten Rettungsdienstplan bereits der Fall. Insofern hat sich hier keine neue Beurteilungslage zur Stationierung der Luftrettungsmittel ergeben, die das Ergebnis des Strukturgutachtens beeinflussen würde.
Die Standortempfehlungen des Gutachtens basieren auf anderen fachlichen Zielparametern. Diese sind insbesondere die planerische Erreichbarkeit aller Notfallorte in Baden-Württemberg durch ein Luftrettungsmittel tagsüber innerhalb von 20 Minuten ab Alarmierung sowie die planerische Sicherstellung eines Prähospitalzeitintervalls bei schwer erkrankten oder schwer verletzten Personen mit einer sog. Tracer-Diagnose (einem Herzinfarkt, einem Polytrauma, einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma) von nicht länger als 60 Minuten. Diese patientenorientierte Fokussierung auf die Prähospitalzeit unterscheidet sich im Ansatz von der rettungsdienstlichen Hilfsfrist von 12 Minuten, welche als Größe zur Planung der bodengebundenen Infrastruktur angelegt ist.
Der Einsatz von Rettungshubschraubern trägt also in anderer Weise zum Zeitgewinn bei, indem die Prähospitalzeit durch seinen Einsatz verkürzt wird. Die Prähospitalzeit ist der Zeitraum vom Meldeeingang (Aufschaltzeitpunkt) des Notrufs bis zur Einlieferung des Notfallpatienten oder der Notfallpatientin im Krankenhaus. Diese sollte, gerade bei sog. Tracer Diagnosen, unter 60 Minuten liegen. Hier kann und soll der Rettungshubschrauber zum Einhalten dieses Zeitraums beitragen.