Demokratie

Landesverfassung

Auszug aus dem Original-Gesetzblatt von 1953, in dem die neue Landesverfassung für Baden-Württemberg veröffentlicht wurde. (Bild: Haus der Geschichte Stuttgart)

Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg wurde nach der Bildung des Südweststaates aus den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern - der bisher einzigen Länderneugliederung in Deutschland - von der im März 1952 gewählten Verfassunggebenden Landesversammlung erarbeitet und am 11. November 1953 verkündet.

Die Landesverfassung

trifft Regelungen über Mensch und Staat, Religion und Religionsgemeinschaften sowie über Erziehung und Unterricht. Darüber hinaus regelt sie die Grundlagen des Staates, den Landtag, die Landesregierung, die Landesgesetzgebung, die Rechtspflege, die Verwaltung und das Finanzwesen.

Die Landesverfassung kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit vom Landtag geändert werden. Die Änderungen seit ihrem Bestehen haben die Struktur nicht grundlegend verändert. Als für die Bürger besonders bedeutsam hervorzuheben sind die Verfassungsänderungen zur

  • Vereinheitlichung der Volksschulen und der Lehrerbildung (1967 und 1969),
  • mehrfachen Herabsetzung der Altersgrenzen für Wahlrecht und Wählbarkeit bei Landtagswahlen auf 18 Jahre (zuletzt 1974),
  • Einführung des Volksbegehrens für Gesetze (1971),
  • Verlängerung der Landtagswahlperiode von vier auf fünf Jahre (1995),
  • Aufnahme neuer Staatsziele (2000),
  • Präzisierung und Erweiterung des Konnexitätsprinzips und Verkürzung der Wahlperiode des 14. Landtags von Baden-Württemberg um einen Monat (2008),
  • Erweiterung der Informations- und Beteiligungsrechte des Landtags zu Vorhaben der Europäischen Union (2011).
  • Stärkung plebiszitärer Elemente durch Einführung des Volksantrags und Absenkung der Quoren für das Zustandekommen eines Volksbegehrens sowie einer Volksabstimmung und Aufnahme neuer Staatsziele (2015).
  • Einführung der Schuldenbremse (2018).
  • Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre, Streichung der Regelung zu Einberufung und Leitung der ersten Sitzung des Landtags durch den Alterspräsidenten, Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Möglichkeit zur elektronischen Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen sowie die Ermöglichung von Beschlussfassungen nach der Verfassung durch elektronische Teilnahme (2022).

Inhalt der Änderung der Landesverfassung im Jahr 2022

Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre

Mit der Verfassungsänderung wird das Mindestalter für das aktive Wahlrecht für die Landtagswahl und in der Folge auch für die Teilnahme an Volksanträgen, Volks­begehren und Volksabstimmungen vom vollendeten 18. Lebensjahr auf das voll­endete 16. Lebensjahr gesenkt.

Aus staats- und gesellschaftspolitischen Gründen ist es wichtig, junge Menschen frühzeitig in demokratische Entscheidungsprozesse einzubeziehen und ihnen de­mokratische Teilhabe zu ermöglichen. Jugendliche sollen sich in diese Prozesse einbringen und aktiv an der Willensbildung beteiligen können, zumal landespoli­tische Entscheidungen weitreichende Konsequenzen für die nächste Generation haben können und Jugendliche damit über einen besonders langen Zeitraum von den Auswirkungen betroffen sein können. Damit Jugendliche ihren politischen Einfluss bei Landtagswahlen und Volksabstimmungen ausüben können, sollen sie ab 16 Jahren das aktive Wahlrecht erhalten. Die Altersabsenkung gilt auch für die Unterstützung von Volksanträgen und Volksbegehren, da für deren Unterstützung das Wahlrecht Voraussetzung ist (Artikel 59 Absätze 2 und 3 der Landesverfas­sung).

Regelung zum Alterspräsidenten

Durch die Aufhebung der Regelung zum Alterspräsidenten kann der Landtag im Rahmen seiner Geschäfts­ordnungsautonomie selbst bestimmen, welche Person die erste Sitzung einberuft und leitet, insbesondere ob das Kriterium des Lebensalters oder des Dienstalters für das Amt des Alterspräsidenten entscheidend ist.

Digitalisierung des Gesetzblatts

Die neue Regelung zur Digitalisierung des Gesetzblatts soll dem Stand der Digita­lisierung Rechnung tragen.

In Baden-Württemberg erfolgt die Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen und Rechtsverordnungen entsprechend den Vorgaben der Landesverfassung in ei­nem analogen Gesetzblatt. Dies ist angesichts der zunehmenden Digitalisierung nicht mehr zeitgemäß. Daher soll durch eine Änderung der Landesverfassung das Gesetzblatt digitalisiert werden, so dass die Ausfertigung und Verkündung von Ge­setzen und Rechtsverordnungen in elektronischer Form erfolgen kann. Die Einzel­heiten der Regelungen sollen einem Gesetz vorbehalten bleiben.

Digitale Beschlussfassung

Mit der Neuregelung zur digitalen Beschlussfassung wird aus Gründen der Rechts­sicherheit klargestellt, dass Beschlussfassungen im Sinne der Landesverfassung auch ohne physische Präsenz der Stimmberechtigten möglich sind.

Die Klarstellung dient der Rechtssicherheit zum einen mit Blick auf die Handha­bung während der Coronapandemie zur Verringerung der Infektionsschutzrisiken, zum anderen wird dem Stand der Digitalisierung Rechnung getragen.

Ob und unter welchen Voraussetzungen virtuelle Beschlussfassungen zulässig sein sollen, wird der Geschäftsordnungsautonomie des jeweiligen Gremiums überlas­sen.

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